29.10.2015

Verstoß gegen Amtspflichten des Notars bei Grundschuldbestellungen durch bevollmächtigten Mitarbeiter

Der BGH hat sich mit der Frage des Amtspflichtenverstoßes eines Notars befasst, der Grundschuldbestellungen ohne sachlichen Grund durch seine in den zugrunde liegenden Grundstückskaufverträgen bevollmächtigten Mitarbeiter beurkundet. Bei einer solchen Mitarbeiterin handelt es sich nicht um eine Vertrauensperson i.S.d. § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 1 Fall 2 BeurkG.

BGH 20.7.2015, NotSt(Brfg) 3/15
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Rechtsanwalt und Notar. Er wendet sich gegen eine ihm vom Beklagten mit Disziplinarverfügung auferlegte Geldbuße i.H.v. 3.000 € wegen mehrfachen Verstoßes gegen § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 1 BeurkG und in einem Fall gegen § 54a Abs. 2 BeurkG.

Der Kläger ist disziplinarrechtlich vorbelastet. Gegenstand der angegriffenen Disziplinarverfügung des Beklagten waren zum einen Beurkundungen von Grundschuldbestellungen, die die Mitarbeiterin des Klägers, Frau S., aufgrund der ihr in den zugrunde liegenden Grundstückskaufverträgen erteilten Vollmachten in 180 Fällen vorgenommen hat. Hierin sieht der Beklagte einen Verstoß gegen § 17 Abs. 2a S. 1 Nr. 1 BeurkG.

Zum anderen legt der Beklagte dem Kläger zur Last, im Grundstückskaufvertrag Urkundennummer 268/12 eine Abwicklung über ein Notaranderkonto vorgesehen zu haben (Masse 4/12 des Klägers), obwohl ein berechtigtes Sicherungsinteresse nicht vorgelegen habe. Er habe damit gegen § 54a Abs. 2 BeurkG verstoßen.

Der Beklagte bewertete die Dienstpflichtverletzung als ein einheitliches Dienstvergehen gem. § 95 BNotO und verhängte eine Geldbuße i.H.v. 3.000 €. Der dagegen gerichtete Widerspruch wurde vom Präsidenten des OLG Celle mit Widerspruchsbescheid zurückgewiesen.

Das OLG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das OLG hat zutreffend angenommen, der Kläger habe in 180 Fällen gegen § 17 Abs. 2a S. 1 Nr. 1 BeurkG verstoßen. Nach dieser Vorschrift soll der Notar bei Verbraucherverträgen darauf hinwirken, dass die rechtsgeschäftlichen Erklärungen des Verbrauchers von diesem persönlich oder durch eine Vertrauensperson vor dem Notar abgegeben werden. Bei den beurkundeten Grundschuldbestellungen handelte es sich um Verbraucherverträge i.S.d. § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 1 BeurkG. Die Darlehensnehmer waren Verbraucher und die beurkundeten Erklärungen wurden gegenüber der finanzierenden Bank abgegeben.

Im Gegensatz zur Auffassung des Klägers handelt es sich bei seiner Mitarbeiterin, die in den Grundstückskaufverträgen bevollmächtigt wurde, nicht um eine Vertrauensperson i.S.d. § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 1 Fall 2 BeurkG, was die Beurkundung der Grundschuldbestellungen nach dieser Norm als pflichtgemäß erscheinen ließe. Nach den Gesetzesmaterialien kommt als Vertrauensperson nicht ein geschäftsmäßiger Vertreter mit unter Umständen konkurrierenden Eigeninteressen in Betracht. Vertrauensperson kann deshalb nur sein, wer als Interessenvertreter des Verbrauchers handelt. Deshalb kommt ein zur Neutralität Verpflichteter nicht als Vertrauensperson in Betracht. Der Zweck des § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 1 BeurkG steht daher der Annahme entgegen, Mitarbeiter des Notars könnten Vertrauenspersonen eines Urkundsbeteiligten sein.

Der Verbraucher soll die Chance haben, seine Interessen gegenüber denjenigen des Unternehmers möglichst effektiv zur Geltung zu bringen. Dies ist aber nicht gewährleistet, wenn eine Person für ihn auftritt, die nicht in seinem Lager steht und nicht seinen Interessen verpflichtet ist. Die Mitarbeiter des Notars sind im Wesentlichen diesem gegenüber verantwortlich. Sie stehen damit in einem gewissen Maß im Pflichtenkreis des Notars, der nicht Vertreter einer Partei, sondern unabhängiger und unparteiischer Betreuer der Beteiligten ist (§ 14 Abs. 1 S. 2 BNotO). Daher sind sie nicht, wie es für eine Vertrauensperson des Verbrauchers i.S.d. § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 1 BeurkG kennzeichnend ist, zur einseitigen Interessenwahrnehmung gegenüber dem Erklärungsgegner des Verbrauchers befugt.

Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, bei der Beurkundung der Grundschuldbestellung zum Zwecke der Finanzierung des vorausgegangenen Grundstückskaufs handele es sich um ein Vollzugsgeschäft, das nicht in den Anwendungsbereich des § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 1 BeurkG falle. Die Bestellung eines Finanzierungsgrundpfandrechts aufgrund einer Belastungsvollmacht aus einem Grundstückskaufvertrag stellt sich nicht als dessen Vollzug dar. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Grundstückskaufvertrag auch ohne die Bestellung der Finanzierungsgrundschuld vollzogen werden kann. Im Übrigen bestehen auch keine Bedenken gegen die Annahme des OLG, dass der Kläger schuldhaft die Pflichtverletzung verwirklicht hat. Der Kläger macht insoweit ohne Erfolg geltend, dass die Einwirkung der Aufsichtsbehörden durch die dem Notar eingeräumte sachliche Unabhängigkeit begrenzt und eingeschränkt werde.

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