Verstoß gegen die Heizkostenverordnung sorgt lediglich für die Anfechtbarkeit des Beschlusses
BGH 22.6.2018, V ZR 193/17Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Nach § 11 Nr. 1 lit. d) der Teilungserklärung aus Mai 1983 werden die Kosten für Wärme und die Bereitung von Warmwasser auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen, "z.Zt. zu jeweils 30 % Grundkosten und 70 % verbrauchsabhängigen Kosten ermittelt". Der Kläger erhielt im März 2016 eine Hausgeldabrechnung für 2015. Dieser war eine Einzelabrechnung "Energie und Betriebskosten" der Firma A beigefügt, wonach auf den Kläger ein Betrag von 637,25 € entfiel. Die Aufteilung der hierin enthaltenen Heizkosten, die sich insgesamt auf 18.236,67 € beliefen, erfolgte zu 30 % als Grundkosten und zu 70 % nach Verbrauch.
In der Eigentümerversammlung im März 2016 kam es zwischen den Wohnungseigentümern zu einer Diskussion über die Richtigkeit der Heizkostenabrechnung der Firma A, da auf zwei Wohneinheiten ein vergleichsweise hoher Anteil der Heizkosten entfiel. Unter "TOP 3 Beschluss II" wurde beschlossen, einen Sachverständigen für Heizungstechnik mit der Ermittlung der Ursachen zu beauftragen. Unter "TOP 3 Beschluss III" wurde folgender Beschluss gefasst:
"Sofern sich keine verwertbaren Erkenntnisse durch den Sachverständigen ergeben, die sich auf die Heizkostenabrechnung auswirken, soll die Abrechnung für 2015 nach Wohnfläche erfolgen. Es werden Kosten von € 18.236,67 zugrunde gelegt."
Im Juni 2016 teilte die Verwalterin dem Kläger mit, dass sich durch die Überprüfung des Sachverständigen keine verwertbaren Erkenntnisse ergeben hätten, die sich auf die Heizkostenabrechnung auswirkten, und dass diese daher nach Wohnfläche erstellt worden sei. In der korrigierten Einzelabrechnung wurden zu Lasten des Klägers für das Abrechnungsjahr 2015 Energie- und Betriebskosten von 1.176,45 €, d.h. 539,20 € mehr als in der Abrechnung aus März 2016, aufgeführt.
Die auf Feststellung der Nichtigkeit des zu TOP 3 III gefassten Beschlusses gerichtete Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.
Gründe:
Der angefochtene Beschluss ist nicht gem. § 23 Abs. 4 S. 1 WEG nichtig. Zwar ist der Beschluss nicht mit den Regeln der Heizkostenverordnung zu vereinbaren, weil insbesondere die Voraussetzungen des § 9a Abs. 1, Abs. 2 HeizkostenV nicht vorliegen. Überschreitet die von der Verbrauchsermittlung betroffene Wohn- oder Nutzfläche oder der umbaute Raum 25 vom Hundert der für die Kostenverteilung maßgeblichen gesamten Wohn- oder Nutzfläche oder des maßgeblichen gesamten umbauten Raumes, sind die Kosten des Wärmeverbrauchs ausschließlich nach der Wohn- und Nutzfläche oder nach dem umbauten Raum zu verteilen (§ 9a Abs. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 S. 5 HeizkostenV). Diesen Anforderungen genügt der unter TOP 3 III gefasste Beschluss, auf dessen Grundlage die Verwalterin in der neuen Abrechnung vom 22.6.2016 die Heizkosten nur nach Wohnfläche verteilt hat, nicht.
Der Verstoß gegen § 7 Abs. 1 S. 1 HeizkostenV hat hier jedoch nicht die Nichtigkeit des Beschlusses - nur hierauf kommt es wegen des Versäumens der einmonatigen Anfechtungsfrist des § 46 Abs. 1 WEG für den Erfolg der Klage an - zur Folge, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend annimmt. Es ist zwar in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen ein Beschluss, der mit den Vorgaben der Heizkostenverordnung nicht im Einklang steht, nichtig oder lediglich anfechtbar ist. Der Senat braucht die Streitfrage allerdings nicht abschließend zu entscheiden. Denn jedenfalls ist ein Beschluss, mit dem die Wohnungseigentümer im Einzelfall - bezogen auf eine konkrete Jahresabrechnung - von den Vorgaben der Heizkostenverordnung abweichen, nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar.
Nach ständiger BGH-Rechtsprechung entspricht allein eine den Anforderungen der Heizkostenverordnung genügende Abrechnung den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Dies gilt unabhängig davon, ob die Wohnungseigentümer durch Vereinbarung oder Beschluss abweichende Bestimmungen getroffen haben, da sich diese Verpflichtung unmittelbar aus § 3 S. 1 HeizkostenV ergibt, der die Anwendung der Vorschriften der Heizkostenverordnung im Verhältnis der Wohnungseigentümer vorschreibt. Genehmigen die Wohnungseigentümer eine Heizkostenabrechnung, die verbrauchsunabhängig orientiert ist, ist der Beschluss auf Anfechtung für unwirksam zu erklären. Insoweit besteht kein Unterschied zu den Fällen, in denen die Wohnungseigentümer bei einer Abrechnung einen mit der Teilungserklärung nicht zu vereinbarenden Kostenverteilungsschlüssel anwenden. Auch dies hat nicht die Nichtigkeit des Beschlusses, sondern lediglich dessen Anfechtbarkeit zur Folge.
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