23.08.2016

Verurteilung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erstellung einer Jahresabrechnung

Die Verurteilung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erstellung einer Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 3 WEG für Kalenderjahre, in denen er die Verwaltung geführt hat, ist als Verurteilung zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung gem. § 888 Abs. 1 S. 1 ZPO durch Androhung von Zwangsmitteln und nicht als Verurteilung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung gem. § 887 Abs. 1 ZPO im Wege der Ersatzvornahme zu vollstrecken. Die Verurteilung zur Erstellung eines Wirtschaftsplans für ein Kalenderjahr ist nicht zu vollstrecken, wenn dieses Kalenderjahr zum Zeitpunkt der Zwangsvollstreckung abgelaufen ist.

BGH 23.6.2016, I ZB 5/16
Der Sachverhalt:
Die Gläubiger sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Schuldnerin war jedenfalls bis zum Ende des Jahres 2014 ihre Verwalterin. Sie wurde durch Anerkenntnisurteil aus November 2014 verurteilt, für die Wohnungseigentümergemeinschaft hinsichtlich der Kalenderjahre 2011, 2012 und 2013 jeweils eine Jahresabrechnung und für das Kalenderjahr 2014 einen Wirtschaftsplan aufzustellen und den Gläubigern Einsicht in die für die Wohnungseigentümergemeinschaft geführten Verwaltungsunterlagen zu gewähren.

Die Gläubiger betrieben im April 2015 die Zwangsvollstreckung. Sie waren der Ansicht, es handele sich bei der Erstellung der Jahresabrechnungen und des Wirtschaftsplans um vertretbare Handlungen, die nicht nur von der Schuldnerin, sondern auch von einem anderen Hausverwalter vorgenommen werden könnten. Sie beantragten, sie zu ermächtigen, die der Schuldnerin nach dem Anerkenntnisurteil obliegende Verpflichtung, für die Kalenderjahre 2011, 2012 und 2013 jeweils eine Jahresabrechnung und für das Kalenderjahr 2014 einen Wirtschaftsplan aufzustellen, durch eine von ihnen zu beauftragende Hausverwaltung vornehmen zu lassen. Außerdem beantragten sie, die Schuldnerin zu verpflichten, das Betreten und die Durchsuchung ihrer Geschäftsräume durch die beauftragte Hausverwaltung zu dulden und ihnen einen Kostenvorschuss von 4.784 € für die Erstellung der Jahresabrechnungen und des Wirtschaftsplans zu zahlen.

Das AG gab dem Antrag der Gläubiger statt. Nach Einlegung der sofortigen Beschwerde hat die Schuldnerin den Verfahrensbevollmächtigten der Gläubiger Jahresabrechnungen für die Kalenderjahre 2011, 2012 und 2013 und einen Wirtschaftsplan für das Kalenderjahr 2014 übersandt. Die Gläubiger haben diese Jahresabrechnungen und den Wirtschaftsplan mit der Begründung zurückgewiesen, diese stammten nicht von der Schuldnerin und seien zudem fehlerhaft. Das LG hat den Beschluss des AG abgeändert und den Antrag der Gläubiger zurückgewiesen. Die vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde der Gläubiger blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Das Beschwerdegericht hat den Vollstreckungsantrag der Gläubiger im Ergebnis mit Recht zurückgewiesen.

Die Frage, ob es sich bei der Verurteilung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erstellung einer Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 3 WEG um die Verurteilung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung oder einer nicht vertretbaren Handlung gem. § 888 Abs. 1 S. 1 ZPO handelt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Nach Ansicht des Senats ist eine solche Verurteilung zur Erstellung einer Jahresabrechnung für Kalenderjahre, in denen der Verwalter die Verwaltung geführt hat, als Verurteilung zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung durch Androhung von Zwangsmitteln und nicht als Verurteilung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung gem. § 887 Abs. 1 ZPO im Wege der Ersatzvornahme zu vollstrecken.

Hat der Verwalter eine Jahresabrechnung für Kalenderjahre aufzustellen, in denen er selbst die Verwaltung geführt hat, ist seine Verpflichtung nicht auf die Auswertung der Belege beschränkt. Vielmehr hat er darüber hinaus für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Belege einzustehen. Diese Verpflichtung kann aber nur vom Verwalter und nicht von Dritten erfüllt werden. Somit unterscheidet sich die Jahresabrechnung des Verwalters insoweit nicht von der Betriebskostenabrechnung eines Vermieters, die gleichfalls verbindliche Erklärungen des Schuldners aufgrund seiner besonderen Kenntnisse voraussetzt. Die Verurteilung eines Vermieters zur Erteilung einer Betriebskostenabrechnung ist nach BGH-Rechtsprechung deshalb als Verurteilung zu einer nicht vertretbaren Handlung zu vollstrecken.

Die Verurteilung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erstellung eines Wirtschaftsplans für ein Kalenderjahr nach § 28 Abs. 1 WEG ist zudem nicht zu vollstrecken, wenn dieses Kalenderjahr zum Zeitpunkt der Zwangsvollstreckung abgelaufen ist. Der titulierte Anspruch auf Erstellung eines Wirtschaftsplans für das Kalenderjahr 2014 war im vorliegenden Fall danach bereits erloschen, als die Gläubiger am im April 2015 ihren Antrag auf Zwangsvollstreckung gestellt hatten. Es kam somit nicht darauf an, ob die titulierte Verpflichtung zur Aufstellung eines Wirtschaftsplans grundsätzlich nach § 887 Abs. 1 ZPO und nicht nach § 888 Abs. 1 S. 1 ZPO vollstreckbar ist, weil der Wirtschaftsplan keine konkludente Verwaltererklärung über Richtigkeit oder Vollständigkeit erfordert.

Linkhinweise:

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