07.03.2019

Vorsteuerabzug beim Anlagebetrug mit nicht existierenden Blockheizkraftwerken

Der Vorsteuerabzug aus einer geleisteten Vorauszahlung ist dem Erwerber eines (später nicht gelieferten) Blockheizkraftwerks nicht zu versagen, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung die Lieferung als sicher erschien. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass alle maßgeblichen Elemente der zukünftigen Lieferung als ihm bekannt angesehen werden konnten und anhand objektiver Umstände nicht erwiesen ist, dass er zu diesem Zeitpunkt wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die Bewirkung dieser Lieferung unsicher war.

Kurzbesprechung
BFH v. 5.12.2018 - XI R 44/14

UStG § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3, § 14 Abs. 4, § 14 Abs. 5 Satz 1, § 14c Abs. 2 Satz 2
MwStSystRL Art. 167, Art. 168 Buchst. a i.V.m. Art. 65

Der Steuerpflichtige hatte für den Erwerb eines Blockheizkraftwerks den Kaufpreis an eine Verkäuferin (A-GmbH) im Voraus gezahlt. Zur Lieferung, Verpachtung und zum Betrieb des Blockheizkraftwerks kam es --wie auch in zahlreichen anderen Fällen-- nicht. Die Verantwortlichen der A-Firmengruppe hatten tatsächlich niemals beabsichtigt, die Blockheizkraftwerke zu liefern. Sie hatten vielmehr ein betrügerisches "Schneeballsystem" aufgebaut und wurden hierfür später strafrechtlich verurteilt. Die von der A-GmbH vermeintlich als monatliche Pacht an den Käufer getätigten Zahlungen zzgl. Umsatzsteuer meldete der Steuerpflichtige an und führte die Umsatzsteuer an das FA ab. Kurze Zeit später wurde die A-GmbH insolvent.

Das FA versagte den vom Steuerpflichtigen geltend gemachten Vorsteuerabzug aus der geleisteten Kaufpreiszahlung. Während das der Klage stattgab, legte der BFH wegen bestehender Zweifel an der zutreffenden Auslegung der einschlägigen europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie den Streitfall dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.

Nach dem Ergehen des EuGH-Urteils "Kollroß" vom 31. 5. 2018 C-660/16 wies der BFH die Revision des FA nun als unbegründet zurück. Dem Steuerpflichtigen steht als Unternehmer der streitige Vorsteuerabzug zu. Zum Zeitpunkt seiner Zahlung erschien die versprochene Lieferung als sicher, weil alle maßgeblichen Elemente der zukünftigen Lieferung als dem Steuerpflichtigen bekannt angesehen werden konnten, und er zu diesem Zeitpunkt weder wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die Bewirkung dieser Lieferung unsicher war. Auch hat der Steuerpflichtige den Vorsteuerabzug nicht (nachträglich) zu berichtigen, da die A-GmbH den von ihm geleisteten Kaufpreis nicht zurückgezahlt hat. Denn die Vorsteuerberichtigung ist offenkundig unangemessen und daher ausgeschlossen, wenn ein Erwerber nach einer Berichtigung von der Steuerbehörde die Erstattung der auf eine derartige Berichtigung entfallenden Steuer beanspruchen könnte.

Beraterhinweis: Zur Einkommensteuer hatte der BFH hinsichtlich des die A-GmbH betreffenden Anlagebetrugs mit Blockheizkraftwerken im sog. Verwaltungsvertragsmodell bereits mit Urteil vom 7. 2. 2018 - X R 10/16 entschieden, dass der Verlust des Kapitals bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen sein kann.

BFH, Urteil vom 5.12.2018, XI R 44/14, veröffentlicht am 6.3.2019.

Verlag Dr. Otto Schmidt