Wann beginnt die Verjährung des notariellen Amtshaftungsanspruchs?
BGH v. 10.10.2019 - III ZR 227/18
Der Sachverhalt:
Der Beklagte zu 2) hatte im November 2006 als amtlich bestellter Vertreter der zu 1 beklagten Notarin den Kauf einer Eigentumswohnung durch den Kläger und seine Ehefrau beurkundet. Die Urkunde enthielt eingangs die Erklärung der Käufer, "dass ihnen das Muster des folgenden Wohnungskaufvertrages länger als zwei Wochen vorliege, und sie ausreichend Gelegenheit gehabt haben, den Gegenstand der Beurkundung inhaltlich zu prüfen bzw. überprüfen zu lassen". Im Jahr 2007 legte ein Steuerberater dem Kläger dar, dass die Wohnung überteuert gewesen sei.
Die als Vermittlerin der Immobilie aufgetretene GmbH wurde im April 2009 nach mangels Masse abgelehnter Insolvenzeröffnung aufgelöst. Im November 2010 schlossen die von den Streithelfern beratenen Eheleute mit der D-AG als finanzierender Bank einen außergerichtlichen Vergleich, in dessen Ausgleichsklausel die Erledigung sämtlicher wechselseitigen Ansprüche vereinbart war. Die Verkäuferin, ebenso wie die Vermittlerin eine GmbH, wurde - nach Eintragung einer entsprechenden Ankündigung im April 2012 - im Handelsregister gelöscht.
Das LG hat die auf die Nichteinhaltung der Frist des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG in der damals geltenden Fassung des OLG-Vertretungsänderungsgesetzes vom 23.7.2002 gestützte, im Dezember 2016 eingereichte Amtshaftungsklage, mit welcher der Kläger aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau Schadensersatz gefordert hatte, abgewiesen. Es liege keine Amtspflichtverletzung vor und dem geltend gemachten Anspruch stehe ohnehin die Versäumung einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit sowie die von den Beklagten erhobene Verjährungseinrede entgegen. Die hiergegen gerichteten Rechtsmittel des Klägers blieben erfolglos.
Gründe:
Der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch gem. § 19 Abs. 1 Satz 3, § 46 Satz 1 BNotO i.V.m. § 195 BGB ist mit Ablauf des 31.12.2015 verjährt, weil der Kläger und seine Ehefrau 2012 die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis i.S.d. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erlangt hatten.
Die Verjährung des notariellen Amtshaftungsanspruchs beginnt, wenn dem Geschädigten Tatsachen bekannt oder grob fahrlässig unbekannt sind, die auch aus der Perspektive eines Laien das Vorgehen des Notars als irregulär und daher möglicherweise pflichtwidrig erscheinen lassen. Zu einer Abkehr von diesem Grundsatz besteht kein Anlass. Entgegen der Ansicht der Revision ist für den Beginn der Verjährung des Amtshaftungsanspruchs gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB weiterhin (auch) die zu § 852 Abs. 1 BGB a.F. ergangene Senatsrechtsprechung maßgebend.
Infolgedessen ist die Annahme der Vorinstanzen, der Kläger und seine Ehefrau hätten bereits bei der Beurkundung Kenntnis von den tatsächlichen Umständen erlangt, die aus ihrer Sicht auf ein widerrechtliches Verhalten des Beklagten zu 2 hindeuteten, nicht zu beanstanden. Den Eheleuten war zu diesem Zeitpunkt "selbstverständlich" bekannt, dass ihnen der Entwurf des Kaufvertrags entgegen ihrer beurkundeten Erklärung nicht zwei Wochen zuvor zur Verfügung gestellt worden war. Sie wussten also, dass ihre vom Notar verlesene Erklärung falsch war und konnten deren Inhalt entnehmen, dass es möglicherweise rechtlich erforderlich gewesen wäre, ihnen - anders als geschehen - das Kaufvertragsmuster mehr als zwei Wochen vor der Beurkundung zur Prüfung vorzulegen. Damit lagen auch aus ihrer laienhaften Sicht seit 2006 hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine irreguläre Abwicklung der Beurkundung vor.
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Der Beklagte zu 2) hatte im November 2006 als amtlich bestellter Vertreter der zu 1 beklagten Notarin den Kauf einer Eigentumswohnung durch den Kläger und seine Ehefrau beurkundet. Die Urkunde enthielt eingangs die Erklärung der Käufer, "dass ihnen das Muster des folgenden Wohnungskaufvertrages länger als zwei Wochen vorliege, und sie ausreichend Gelegenheit gehabt haben, den Gegenstand der Beurkundung inhaltlich zu prüfen bzw. überprüfen zu lassen". Im Jahr 2007 legte ein Steuerberater dem Kläger dar, dass die Wohnung überteuert gewesen sei.
Die als Vermittlerin der Immobilie aufgetretene GmbH wurde im April 2009 nach mangels Masse abgelehnter Insolvenzeröffnung aufgelöst. Im November 2010 schlossen die von den Streithelfern beratenen Eheleute mit der D-AG als finanzierender Bank einen außergerichtlichen Vergleich, in dessen Ausgleichsklausel die Erledigung sämtlicher wechselseitigen Ansprüche vereinbart war. Die Verkäuferin, ebenso wie die Vermittlerin eine GmbH, wurde - nach Eintragung einer entsprechenden Ankündigung im April 2012 - im Handelsregister gelöscht.
Das LG hat die auf die Nichteinhaltung der Frist des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG in der damals geltenden Fassung des OLG-Vertretungsänderungsgesetzes vom 23.7.2002 gestützte, im Dezember 2016 eingereichte Amtshaftungsklage, mit welcher der Kläger aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau Schadensersatz gefordert hatte, abgewiesen. Es liege keine Amtspflichtverletzung vor und dem geltend gemachten Anspruch stehe ohnehin die Versäumung einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit sowie die von den Beklagten erhobene Verjährungseinrede entgegen. Die hiergegen gerichteten Rechtsmittel des Klägers blieben erfolglos.
Gründe:
Der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch gem. § 19 Abs. 1 Satz 3, § 46 Satz 1 BNotO i.V.m. § 195 BGB ist mit Ablauf des 31.12.2015 verjährt, weil der Kläger und seine Ehefrau 2012 die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis i.S.d. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erlangt hatten.
Die Verjährung des notariellen Amtshaftungsanspruchs beginnt, wenn dem Geschädigten Tatsachen bekannt oder grob fahrlässig unbekannt sind, die auch aus der Perspektive eines Laien das Vorgehen des Notars als irregulär und daher möglicherweise pflichtwidrig erscheinen lassen. Zu einer Abkehr von diesem Grundsatz besteht kein Anlass. Entgegen der Ansicht der Revision ist für den Beginn der Verjährung des Amtshaftungsanspruchs gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB weiterhin (auch) die zu § 852 Abs. 1 BGB a.F. ergangene Senatsrechtsprechung maßgebend.
Infolgedessen ist die Annahme der Vorinstanzen, der Kläger und seine Ehefrau hätten bereits bei der Beurkundung Kenntnis von den tatsächlichen Umständen erlangt, die aus ihrer Sicht auf ein widerrechtliches Verhalten des Beklagten zu 2 hindeuteten, nicht zu beanstanden. Den Eheleuten war zu diesem Zeitpunkt "selbstverständlich" bekannt, dass ihnen der Entwurf des Kaufvertrags entgegen ihrer beurkundeten Erklärung nicht zwei Wochen zuvor zur Verfügung gestellt worden war. Sie wussten also, dass ihre vom Notar verlesene Erklärung falsch war und konnten deren Inhalt entnehmen, dass es möglicherweise rechtlich erforderlich gewesen wäre, ihnen - anders als geschehen - das Kaufvertragsmuster mehr als zwei Wochen vor der Beurkundung zur Prüfung vorzulegen. Damit lagen auch aus ihrer laienhaften Sicht seit 2006 hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine irreguläre Abwicklung der Beurkundung vor.
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