30.08.2016

Wechsel von Grün auf Gelb - Anhalten vor der Ampel ist Pflicht!

Ein Kfz-Fahrer verstößt gegen das Gebot, beim Wechsel einer Ampel von Grün auf Gelb anzuhalten, wenn er mit seinem Fahrzeug in den Kreuzungsbereich einfährt, obwohl er mit einer normalen Betriebsbremsung zwar jenseits der Haltelinie, aber noch vor der Ampelanlage hätte anhalten können. Dies gilt insbesondere, wenn er ein großes und schwerfälliges Fahrzeug lenkt, mit dem er bei Gelblicht nur langsam in den Kreuzungsbereich einfahren kann.

OLG Hamm 30.5.2016, 6 U 13/16
Der Sachverhalt:
Der heute 65 Jahre alte Kläger war im September 2012 morgens mit seinem Motorroller in Hamm unterwegs. Er fuhr auf der Radbodstraße in nördlicher Richtung und beabsichtigte die Kreuzung zur Dortmunder Straße geradeaus zu überqueren. Sodann fuhr er in den Kreuzungsbereich ein, als die für ihn geltende Ampel von Rot/Gelb auf Grün umsprang. Aus der Gegenrichtung näherte sich der Beklagte mit seinem Sattelzug auf der Linksabbiegespur der Radbodstraße. Er beabsichtigte, nach links in die Dortmunder Straße einzubiegen und fuhr in den Kreuzungsbereich ein, nachdem die für ihn geltende Ampel von Grün auf Gelb umgesprungen war. Daraufhin leitete der Kläger eine Vollbremsung ein, geriet mit seinem Motorroller in eine Schräglage und kollidierte mit dem Unterfahrschutz des Sattelaufliegers.

Der Kläger zog sich diverse, zum Teil schwere Verletzungen - einschließlich des Verlustes der Milz - zu. Die ihm entstandenen Schäden, materielle Schäden i.H.v. rund 13.500 € sowie ein Schmerzensgeld von 40.000 €, verlangte er vom Beklagten und der mitverklagten Haftpflichtversicherung ersetzt. Nach durchgeführter Beweisaufnahme zum Unfallhergang hat das LG der Klage dem Grunde nach mit einer Haftungsquote von 70 % zu Gunsten des Klägers stattgegeben und ein mit 30 % zu bewertendes klägerisches Mitverschulden angenommen. Das OLG wies die hiergegen gerichtete Berufung zurück. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Dem Kläger steht gegen die Beklagten dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz nach der vom Landgericht titulierten Quote sowie ein Anspruch auf Schmerzensgeld unter Berücksichtigung einer Mitverschuldensquote des Klägers von 30% zu, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Mitverschuldensquote im Rahmen des Schmerzensgeldes nur eines von mehreren Bemessungselementen darstellt. Deshalb ist das Schmerzensgeld - im Unterschied zu dem Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens - nicht nach Quote, sondern unter Berücksichtigung des Mitverschuldensanteils zu titulieren.

Der Beklagte hat den Unfall überwiegend verschuldet, da ihm ein Gelblichtverstoß vorzuwerfen war. Schließlich ordnet das Gelblicht einer Ampel an, das nächste Farbsignal der Ampelanlage abzuwarten. ist das nächste Farbsignal - wie im vorliegenden Fall - "rot", so muss der Fahrer anhalten, soweit ihm dies mit normaler Betriebsbremsung vor der Ampelanlage möglich ist. Andernfalls darf er weiterfahren, muss aber den Kreuzungsbereich hinter der Lichtzeichenanlage möglichst zügig überqueren.

Im vorliegenden Fall hätte der Beklagte anhalten müssen und die für ihn geltende Ampelanlage nicht mehr passieren dürfen. Er hätte den Sattelzug vor Beginn der Rotlichtphase mit einer normalen Betriebsbremsung vor der Ampelanlage anhalten können, wie das eingeholte Sachverständigengutachten festgestellt hat. Ob er noch vor der Haltelinie der Ampelanlage zum Stehen gekommen wäre, war nicht entscheidend. Denn wer die Haltelinie überquert, ohne einen Verkehrsverstoß zu begehen, darf nicht in jedem Fall an der Gelb- oder Rotlicht zeigenden Ampelanlage vorbeifahren. Vielmehr muss er anhalten, wenn er mit normaler Betriebsbremsung noch vor der Ampelanlage zum Stehen kommen könnte. Andernfalls gefährdet er den Querverkehr in einer nicht hinnehmbaren Weise. Dies gilt insbesondere, wenn er, was auf den Beklagten zutraf, ein großes und schwerfälliges Fahrzeug lenkt, mit dem er bei Gelblicht nur langsam in den Kreuzungsbereich einfahren kann.

Abgesehen von dem Gelblichtverstoß war dem Beklagten auch vorzuwerfen, dass er den Sattelzug nicht angehalten und seinen Abbiegevorgang abgebrochen hatte, als der Kläger in den Kreuzungsbereich eingefahren war. Er hätte sich nicht darauf verlassen dürfen, dass der Kläger ihm, als "Kreuzungsräumer" den Vorrang belässt.

Im Verhältnis zum Beklagten stellte sich das unfallursächliche Verschulden des Klägers als weniger gewichtig dar. Ihm war lediglich vorzuhalten, dass er in den Kreuzungsbereich eingefahren war, ohne auf den sich im Kreuzungsbereich bewegenden Sattelzug zu achten. Er hatte sich somit nicht so verhalten, wie es von einem Verkehrsteilnehmer erwartet werden kann, der eine Gefährdung Anderer möglichst ausschließen muss. Die Verursachungsbeiträge des Klägers und des Beklagten hatte das LG unter Berücksichtigung der Betriebsgefahr beider Fahrzeuge zutreffend abgewogen.

Linkhinweis:

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OLG Hamm PM vom 30.8.2016
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