24.06.2016

WEG: In Beschlüssen kann auch auf außerhalb des Protokolls befindliche Dokumente Bezug genommen werden

Zwar sind Eigentümerbeschlüsse "aus sich heraus" auszulegen und Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind. In einem Beschluss der Wohnungseigentümer kann zur Konkretisierung der getroffenen Regelung aber auf ein außerhalb des Protokolls befindliches Dokument Bezug genommen werden, wenn dieses zweifelsfrei bestimmt ist.

BGH 8.4.2016, V ZR 104/15
Der Sachverhalt:
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Im März 2008 hatten die Wohnungseigentümer beschlossen, "die für die einzelnen Kostenpositionen in der Abrechnung 2007 verwandten Verteilerschlüssel auch für zukünftige Abrechnungen zu verwenden". In der Eigentümerversammlung im April 2013 beschlossen sie die Hausgeldabrechnung des Jahres 2012, wobei sie den in der Abrechnung 2007 verwendeten Verteilungsschlüssel zugrunde legten. Danach sind die Kosten nach sechs verschiedenen Maßstäben verteilt. Hiergegen wandte sich die Klägerin.

Das AG erklärte den Beschluss über die Hausgeldabrechnung 2012 für unwirksam; das LG wies die Klage hingegen ab. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Der im Jahr 2008 gefasste Beschluss über die Veränderung des Verteilungsschlüssels war wirksam und wurde daher zu Recht der Abrechnung 2012 zugrunde gelegt.

Nach § 16 Abs. 3 WEG können die Wohnungseigentümer hinsichtlich der in der Vorschrift näher bezeichneten Betriebs und Verwaltungskosten den bestehenden Umlageschlüssel durch Mehrheitsbeschluss ändern, soweit dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Die Wirksamkeit des Beschlusses über die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels konnte hier nicht deshalb in Frage gestellt werden, weil der künftige Maßstab nicht in dem Beschlusstext selbst wiedergegeben, sondern insoweit auf den in der Jahresabrechnung 2007 verwendeten Verteilungsschlüssel Bezug genommen wurde. Dies war durchaus zulässig.

Der Inhalt eines Eigentümerbeschlusses muss, insbesondere weil ein Sonderrechtsnachfolger nach § 10 Abs. 4 WEG an Beschlüsse gebunden ist, inhaltlich bestimmt und klar sein. Es besteht ein Interesse des Rechtsverkehrs, die durch die Beschlussfassung eingetretenen Rechtswirkungen der Beschluss-formulierung entnehmen zu können. Zwar sind Eigentümerbeschlüsse "aus sich heraus" auszulegen und Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind. Allerdings bedeutet dies nicht, dass sich der Text eines Eigentümerbeschlusses zur Konkretisierung der getroffenen Regelung nicht auf Dokumente außerhalb des Protokolls beziehen dürfte. Es ist nämlich allgemein anerkannt, dass der Wortlaut des Beschlusses zur näheren Erläuterung inhaltlich Bezug auf Urkunden oder Schriftstücke nehmen darf, wie dies etwa bei der Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung und häufig auch bei Sanierungsbeschlüssen nach Kostenvoranschlag oder auf der Grundlage eines Gutachtens geschieht.

Nimmt ein Beschluss der Wohnungseigentümer auf ein Dokument Bezug, das weder Teil des Beschlusstextes noch des Protokolls ist, erfordert das Gebot der inhaltlichen Klarheit und Bestimmtheit, dass das in Bezug genommene Dokument zweifelsfrei bestimmt ist. Nur dann ist sichergestellt, dass ein Dritter, insbesondere ein Rechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers dem Beschluss entnehmen kann, welchen Inhalt er hat. Die Vorinstanz hatte rechtfehlerfrei die zweifelsfreie Bestimmtheit der in Bezug genommenen "Abrechnung 2007" bejaht. Der in dem Beschluss getroffene Regelungstatbestand war unter Einbeziehung des in Bezug genommenen Dokuments schließlich auch verständlich und klar.

Linkhinweise:

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