21.11.2011

WEG: Stimmrechtsverbot erfasst nur Beschlussgegenstände zu verfahrensrechtlichen Maßnahmen

Das Stimmrechtsverbot nach § 25 Abs. 5 Alt. 2 WEG bezieht sich nur auf Abstimmungen über Beschlussgegenstände, die verfahrensrechtliche Maßnahmen betreffen, worunter insbesondere Beschlüsse über die Einleitung des Rechtsstreits, die Art und Weise der Prozessführung und die Frage der verfahrensrechtlichen Beendigung fallen. Die Tatsache, dass eine Beschlussfassung Auswirkungen auf den Rechtsstreit in materiell-rechtlicher Hinsicht hat oder haben kann, genügt nicht.

BGH 14.10.2011, V ZR 56/11
Der Sachverhalt:
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Beklagte zu 1) hatte ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer Umbaumaßnahmen durchgeführt. Daraufhin nahm der Kläger ihn in einem WEG-Verfahren mit Stufenanträgen auf Auskunftserteilung über vorgenommene bauliche Veränderungen, auf Versicherung der Richtigkeit der Auskunftserteilung an Eides statt sowie auf Beseitigung der sich aus der Auskunft ergebenden baulichen Veränderung in Anspruch. Mit den Anträgen der ersten und zweiten Stufe hatte der Kläger Erfolg. Das Verfahren ist zurzeit in der Beschwerdeinstanz anhängig.

Auf der Wohnungseigentümerversammlung im Mai 2009 wurden mit den Stimmen der Beklagten folgende Beschlüsse gefasst:

  • a) Die Gemeinschaft stimmt der Entfernung der im Dachgeschoss auf der Dachterrasse befindlichen Mauer zu.
  • b) Die Gemeinschaft stimmt dem Schließen der Fenstertür durch Zumauern oder Verputzen zu, die zur Hälfte der Begehung der Terrasse dient.
  • c) Die Gemeinschaft stimmt der Öffnung des im Bereich der Souterrain-Wohnung befindlichen Fensters bis zum Boden und Schaffung eines Ausgangs zu.
  • d) Die Gemeinschaft stimmt dem Erstellen und Bauen einer Holzterrasse vor der Souterrain-Wohnung zu.
  • e) Die Gemeinschaft stimmt der Abstützung der gesamten Dachterrassenbreite durch vier kleine Träger zu, die auf der Terrasse verlegt wurden und die Funktion des fehlenden Überzugs übernehmen, wobei diese Stahlträger innerhalb der Dämmebene liegen.

Das AG gab der gegen diese Beschlüsse erhobenen Anfechtungsklage statt; das LG erachtete sie nur hinsichtlich der Beschlüsse zu c) und d) für begründet. Die Revisionen beider Parteien blieben vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Der Beklagte hatte zulässigerweise an der Abstimmung über die Beschlüsse teilgenommen. Das Stimmrechtsverbot des § 25 Abs. 5 Alt. 2 WEG griff in diesem Fall nicht ein.

Von dem Stimmrechtsverbot nach § 25 Abs. 5 Alt. 2 WEG werden nur Abstimmungen über Beschlussgegenstände erfasst, die verfahrensrechtliche Maßnahmen betreffen, worunter insbesondere Beschlüsse über die Einleitung des Rechtsstreits, die Art und Weise der Prozessführung und die Frage der verfahrensrechtlichen Beendigung fallen; dass eine Beschlussfassung Auswirkungen auf den Rechtsstreit in materiell-rechtlicher Hinsicht hat oder haben kann, genügt nicht. Im vorliegenden Fall sollte mit den angefochtenen Beschlüssen der durch den Beklagten in rechtswidriger Weise herbeigeführte bauliche Zustand gebilligt werden. Verfahrensrechtliche Maßnahmen wurden nicht beschlossen.

Ob diese Billigung Bestand haben konnte, hing nach § 22 Abs. 1 WEG davon ab, ob der Kläger durch die baulichen Veränderungen in einer über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgehenden Weise in seinen Rechten beeinträchtigt wurde. Bei der Beurteilung, ob eine Umgestaltung beeinträchtigend wirkt, kommen nur konkrete und objektive Beeinträchtigungen in Betracht. Das gilt auch bei Eingriffen in die Statik, sofern sich negative Auswirkungen auf das Gemeinschaftseigentum nicht ausschließen lassen. Einen Verstoß gegen diese Rechtsgrundsätze ließ das Berufungsurteil allerdings nicht erkennen. Zwar habe der Abbruch der Trennmauer und der Einbau der vier Stahlträger in den für den Kläger einsehbaren Bereichen zu einer kaum merklichen optischen Veränderung geführt. Andererseits wurde eine geringfügige statische Verbesserung herbeigeführt.

Ohne Erfolg rügten die Beklagten hingegen, die Annahme des Berufungsgerichts, die Nutzung der Terrassenfläche biete gegenüber der bisherigen Rasenfläche ein höheres Störpotential, beruhe auf reiner Spekulation. Dabei wurde nämlich übersehen, dass das erhöhte Störpotential im Hinblick darauf, dass es sich um eine Holzterrasse handelt, offenkundig ist. Das galt umso mehr, wenn man mit den Beklagten davon ausging, die Nutzung der Terrasse sei allen Wohnungseigentümern gestattet.

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