10.08.2011

WEG: Verwalter können Herausgabe von zur Prüfung überlassenen Verwaltungsunterlagen in eigenem Namen verlangen

Überlässt der Verwalter einem Wohnungseigentümer Verwaltungsunterlagen zur Prüfung außerhalb seiner Geschäftsräume, kommt regelmäßig ein Leihvertrag zustande. Dies hat zur Folge, dass der Verwalter die Herausgabe der Unterlagen im eigenen Namen verlangen kann.

BGH 15.7.2011, V ZR 21/11
Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist Eigentümerin einer Wohnung in einer von der Klägerin verwalteten Wohnungseigentumsanlage. Sie bat die Klägerin Ende Januar 2009 schriftlich um die Übergabe der Abrechnungsunterlagen für das Jahr 2006 mit dem Hinweis, sie werde die Unterlagen am 9.2.2009 zurückgeben. Daraufhin übergab ihr die Klägerin zwei Aktenordner mit den gewünschten Unterlagen. Die Rückgabe erfolgte trotz mehrfacher Mahnungen nicht.

Das AG wies die auf Herausgabe gerichtete Klage ab. Mit der Berufungsbegründung teilte die Klägerin mit, dass die Beklagte die Ordner zurückgegeben hat. Die Beklagte schloss sich der Erledigungserklärung nicht an. Das LG wies die Berufung zurück. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Urteil des LG auf und stellte antragsgemäß fest, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat.

Die Gründe:
Der Feststellungsantrag ist begründet, weil die Klage bis zu der Herausgabe der Unterlagen zulässig und begründet war. Die Klägerin konnte die Rückgabe gem. § 604 Abs. 1 BGB seit dem auf Vorschlag der Beklagten vereinbarten Termin am 9.2.2009 beanspruchen.

Der Wohnungseigentümer hat einen gegen den Verwalter gerichteten Anspruch auf Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen; der Verwalter ist aber nicht verpflichtet, die Einsicht außerhalb seiner Geschäftsräume zu ermöglichen. Entspricht er gleichwohl einer dahingehenden Bitte eines Wohnungseigentümers, kommt stillschweigend ein Leihvertrag zustande, weil der Verwalter regelmäßig nicht nur aus Gefälligkeit handelt. Vorliegend musste die Beklagte ohne Zweifel davon ausgehen, dass ihr die Unterlagen nur unter Vereinbarung einer vertraglichen Rückgabepflicht überlassen wurden.

Der Verwalter kann auch nicht darauf verwiesen werden, im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft zu klagen. Dazu bedürfte er nämlich gem. § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG einer Ermächtigung. Die Wohnungseigentümer haben aber kein vernünftiges Interesse daran, das entstehende Prozesskostenrisiko zu übernehmen, weil es aus ihrer Sicht Sache des Verwalters ist, das Einsichtsrecht einschließlich der Rückerlangung der von ihm selbst herausgegebenen Unterlagen abzuwickeln. Ebenso wenig kann der Verwalter auf eine gewillkürte Prozessstandschaft verwiesen werden.

Insgesamt gesehen liefe eine Übergabe ohne vertragliche Bindung einer praktikablen Abwicklung des Einsichtsrechts zuwider und wäre in hohem Maße unbefriedigend. Aus diesem Grund entspricht sie im Regelfall nicht dem Parteiwillen. Weil es sich bei der Annahme eines Leihvertrags um eine rechtliche Würdigung handelt, bedurfte es nicht - wie die Revisionserwiderung meint - entsprechenden Vortrags der Parteien.

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