15.03.2016

Wohnungseigentümer müssen vorübergehende Vermietung an Asylbewerber dulden

Die übergangsweise Vermietung einer 80 m² großen Eigentumswohnung an elf Asylbewerber muss von den übrigen Wohnungseigentümern geduldet werden. Für das Bestehen einer besonderen Dringlichkeit reicht die Tatsache, dass zwei Mieter der übrigen Wohnungseigentümern mit einer fristlosen Kündigung gedroht haben bzw. eine solche Kündigung ausgesprochen haben nicht aus.

LG München I 12.10.2015, 1 T 17164/15
Der Sachverhalt:
In einer 80 m² großen Wohnung einer Eigentumswohnanlage in Bayern wohnen aktuell elf Asylbewerber zur Miete. Die Wohnung besteht aus zwei getrennten Schlafräumen im Obergeschoss mit 12 m² bzw. 18 m², einem Bad, offenem Wohnbereich mit Küche nebst Gäste-WC im Erdgeschoss. Hiergegen wandten sich die übrigen Wohnungseigentümer. Sie befürchteten, dass die starke Belegung dazu führen werde, dass die Gemeinschaftsflächen gegenüber einer normalen Wohnnutzung, etwa durch Raucher stärker genutzt würden, womöglich auch Personen ihre Notdurft im Freien, auf Gemeinschaftsflächen, verrichten könnten, wenn die Toilette besetzt sei.

Das AG wies den Antrag der übrigen Wohnungseigentümer auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Es war der Ansicht, dass bloße Mutmaßungen im Einzelfall keine Beeinträchtigungen bzw. Tatsachen aufgrund derer für die Zukunft Beeinträchtigungen zu befürchten sind, die mehr stören als bei einer normalen Vermietung, begründeten. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller blieb vor dem LG erfolglos.

Die Gründe:
Dabei konnte im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob den Antragstellern in der Sache ein Anspruch auf Unterlassung der Unterbringung von mehr als vier familiär nicht miteinander verbundenen bzw. insgesamt von nicht mehr als sechs Personen in ihrer Wohnung sowie der Nutzung der Wohnung der Antragsgegner zu anderen als Wohnzwecken zusteht, ein Verfügungsanspruch damit gegeben ist. Es fehlte nämlich jedenfalls an einem Verfügungsgrund.

Im Ergebnis könnten die Antragsgegner einem im Rahmen einer einstweiligen Verfügung ausgesprochenen Verbot der Nutzung ihrer Wohnung zur Unterbringung der Asylbewerber sowie zu anderen als zu Wohnzwecken nur nachkommen, indem sie den mit dem Landratsamt Traunstein geschlossenen Mietvertrag kündigen oder sonst das Landratsamt dazu bringen, einer Aufhebung bzw. Abänderung des Mietvertrages zuzustimmen, wozu dieses aber grundsätzlich nicht verpflichtet wäre. Dient die Unterlassungsverfügung, wie hier, letztlich der Durchsetzung eines auf Unterlassung gerichteten Individualanspruchs, müssen die besonderen Voraussetzungen für Leistungsverfügungen erfüllt sein.

Da bei einer sog. Leistungsverfügung die Hauptsache im Ergebnis vorweggenommen wird, sind an das Vorliegen eines Verfügungsgrundes besondere Anforderungen zu stellen. Die schutzwürdigen Interessen beider Seiten sind hierbei im Rahmen des gerichtlichen Beurteilungsspielraumes gegeneinander abzuwägen. Es muss ein dringendes Bedürfnis für die Eilmaßnahme bestehen, d.h. der Gläubiger muss auf die sofortige Erfüllung dringend angewiesen sein. Dies ist etwa beim Vorliegen einer Not-/Zwangslage oder einer Existenzgefährdung der Fall.

Das Bestehen einer solchen besonderen Dringlichkeit wurde hier aber nicht ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht. Die Tatsache, dass zwei Mieter der Antragsteller mit einer fristlosen Kündigung ihres Wohnungsmietvertrags gedroht haben bzw. eine solche Kündigung ausgesprochen haben, wie von Antragstellerseite glaubhaft gemacht wurde, reichte insoweit nicht aus.

Bayern.Recht
Zurück