20.12.2019

Zinsen aus der Stundung eines Ausgleichsanspruchs für den Pflichtteilsverzicht sind einkommensteuerbar

Verzichtet ein Kind gegenüber seinen Eltern auf künftige Pflichtteilsansprüche und erhält es dafür einen fälligen Zahlungsanspruch, so führt die Verzinsung dieses Zahlungsanspruchs zu steuerpflichtigen Kapitalerträgen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.

Kurzbesprechung
BFH v. 06.08.2019 - VIII R 22/17

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder gewährt worden ist, auch wenn die Höhe des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Dies gilt unabhängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Aus­gestaltung der Kapitalanlage.

Kapitalforderungen in diesem Sinne sind alle auf Geldleistung gerichtete Forderungen ohne Rücksicht auf die Dauer der Kapitalüberlassung oder den Rechtsgrund des Anspruchs. Ebenso unerheblich ist, ob die zugrunde liegende Kapitalforderung selbst steuerbar und die Kapitalüberlassung freiwillig erfolgt ist.

Erforderlich ist aber in jedem Fall die Überlassung von privatem Geldvermögen an Dritte. Dabei kann die Kapitalüberlassung in unterschiedlicher Art und Weise erfolgen, etwa durch Hingabe als (endfälliges oder in Raten zu tilgendes) Darlehen, durch Novation eines bestehenden Zahlungsanspruchs in ein Darlehen oder durch zeitliche Streckung eines Zahlungsanspruchs mittels Verrentung. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG gehören sodann alle Vermögensmehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für die überlassene Kapitalnutzung sind.

Im Streitfall handelte es sich bei dem an die Steuerpflichtige im Streitjahr ausgezahlten Betrag in Höhe von 81.011,74 € um Kapitalerträge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Denn es wurde in einem Pflichtteilsverzichtsvertrag vereinbart, dass die Steuerpflichtige durch den Verzicht auf ihren Pflichtteil eine Forderung gegen ihre Eltern in Höhe von 150.000 DM (umgerechnet 76.693,78 €) erwarb, die am 31.12.1994 fällig war. Diese Forderung hatte sie zunächst bis zum Tod des letztversterbenden Elternteils verzinslich gestundet. Aufgrund der Anordnung im gemeinschaftlichen Testament der Eltern wurde der gestundete Betrag ausgezahlt und es flossen der Steuerpflichtigen die bis dahin entstandenen Zinsen von 5 % pro Jahr in Höhe von insgesamt 81.011,74 € zu. Zwar unterliegt das Entgelt für den Verzicht auf den Pflichtteil nicht der Besteuerung, da es sich bei der Regulierung der Vermögensnachfolge um einen erbrechtlich, bürgerlich-rechtlich und steuerrechtlich unentgeltlichen Vertrag handelt. Anders verhält es sich dagegen bei den Zinsen, die die Eltern der Steuerpflichtigen als Entgelt für die Stundung der Ausgleichsforderung gezahlt haben. Die Steuerpflichtige hatte den Eltern durch die Stundung einen Kredit in Höhe von 150.000 DM (umgerechnet 76.693,78 €) gewährt. Die hierfür gezahlten Zinsen unterliegen der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.
 
Verlag Dr. Otto Schmidt