29.07.2013

Zu den Amtspflichten bei Mäharbeiten am Grünstreifen einer Bundesstraße

Bei Mäharbeiten am Grünstreifen von Bundesstraßen sind die notwendigen Sicherungsvorkehrungen zu treffen, um Schäden durch hochgeschleuderte Steine zu vermeiden, wobei freilich nur solche Schutzvorkehrungen getroffen werden müssen, die unter Berücksichtigung des Gefahrenpotentials mit vertretbarem Aufwand durchgeführt werden können. Da es sich bei der tatsächlichen Beurteilung der Möglichkeit der Verhinderung von Steinschlag durch eine mobile Plane nicht um einen schwierigen technischen Vorgang handelt, kann das Gericht aus eigener Sachkunde ohne Hinzuzuziehung eines Sachverständigen die entsprechenden Feststellungen treffen.

BGH 4.7.2013, III ZR 250/12
Der Sachverhalt:
Der Ehemann der Klägerin fuhr im September 2010 mit dem Pkw auf einer Bundesstraße. Zur gleichen Zeit mähten zwei Mitarbeiter der Straßenmeisterei die zur Bundesstraße gehörenden seitlichen Grünstreifen. Die Bundesstraße ist in dem maßgeblichen Bereich mit einer Schutzplanke versehen. Deswegen konnten die Arbeiten an dieser Stelle nur mit so genannten Freischneidern ausgeführt werden. Dabei handelt es sich um Handmotorsensen, die über keine Auffangkörbe verfügen und die das Mähgut auf der vom Bediener aus gesehen linken Seite auswerfen. In der Bedienungsanleitung ist vorgegeben, dass sich im Umkreis von 15 m keine weiteren Personen aufhalten dürfen. Dieser Abstand sei wegen der Gefahr der Sachbeschädigung durch wegschleudernde Gegenstände auch zu Sachen einzuhalten.

Als der Ehemann der Klägerin an den beiden Arbeitern vorbeifuhr, wurde das Fahrzeug der Klägerin durch beim Mähen aufgewirbelte Steine beschädigt. Die Klägerin machte daraufhin Schadensersatz i.H.v. 978 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten geltend. Das LG wies die Klage ab; das OLG gab der Klage bis auf einen Teil der geltend gemachten Zinsen statt. Die hiergegen gerichtete Revision des Beklagten blieb vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
Die Klägerin hat gegen den Beklagte wegen der Beschädigung ihres Fahrzeugs durch die bei den Mäharbeiten hochgeschleuderten Steine einen Schadensersatzanspruch aus § 839 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG.

Bei Mäharbeiten der vorliegenden Art sind insbesondere die notwendigen Sicherungsvorkehrungen und -maßnahmen zu treffen, um Schäden durch hochgeschleuderte Steine zu vermeiden, wobei freilich nur solche Schutzvorkehrungen getroffen werden müssen, die unter Berücksichtigung des Gefahrenpotentials mit vertretbarem Aufwand durchgeführt werden können. Infolgedessen ließ die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, die Mitarbeiter des beklagten Landes hätten die ihnen gegenüber den die Bundesstraße befahrenden Verkehrsteilnehmern obliegenden Amtspflichten schuldhaft verletzt, keine Rechtsfehler erkennen.

Der Beklagte konnte sich vor allem nicht darauf berufen, dass der Einsatz von Planen an längeren zu mähenden Abschnitten einer Straße unzumutbar sei. Denn es konnte nicht davon ausgegangen, dass der gesamte Streckenabschnitt einheitlich hätte abgeplant werden müssen. Infolgedessen traf die Mitarbeiter des Beklagten nach dem das Amtshaftungsrecht beherrschenden objektiven Sorgfaltsmaßstab auch ein Fahrlässigkeitsvorwurf: Schließlich hätten sie die Notwendigkeit weitergehender Schutzvorkehrungen zumindest erkennen und in Rechnung stellen können. Insbesondere der Einsatz von mobilen Absperrvorrichtungen hätte in Erwägung gezogen werden müssen.

Da es sich bei der tatsächlichen Beurteilung der Möglichkeit der Verhinderung von Steinschlag infolge Mäharbeiten durch eine mobile Plane nicht um einen schwierigen technischen Vorgang handelt, konnte das Berufungsgericht auch aus eigener Sachkunde ohne Hinzuzuziehung eines Sachverständigen die entsprechenden Feststellungen treffen. Umstände, die den Einsatz einer mobilen Plane auf Rollen angesichts der Gefahren für den an den Mäharbeiten vor-beifließenden Verkehr als wirtschaftlich unzumutbar erscheinen lassen, zeigte der Beklagte nicht auf. Insbesondere war ein die Grenzen der Zumutbarkeit überscheitender zusätzlicher Personalaufwand nicht ersichtlich.

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