23.08.2012

Zu den Folgen eines fehlerhaften doppelten Ausgebotes

Wird ein Grundstück doppelt ausgeboten, obwohl die verlangten abweichenden Bedingungen den gesetzlichen Bedingungen inhaltlich entsprechen, liegt der Zuschlagsversagungsgrund gem. § 83 Nr. 1 ZVG vor. Schließlich ist die strikte Bindung des Bieters an sein Gebot unter dem Gesichtspunkt eines fairen Verfahrens nicht zu rechtfertigen, wenn dessen Abgabe durch Fehler des Vollstreckungsgerichts wesentlich beeinflusst wurde.

BGH 19.7.2012, V ZB 265/11
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten zu 1) und 2) betreiben die Teilungsversteigerung ihres Grundbesitzes. Das sich darauf befindliche Haus ist zumindest teilweise vermietet. In dem Versteigerungstermin im März 2011 hatte der Beteiligte zu 1) abweichende Versteigerungsbedingungen des Inhalts, dass auf das Sonderkündigungsrecht gem. § 57a ZVG verzichtet werde, beantragt. Das Vollstreckungsgericht bot das Grundstück daraufhin doppelt aus, und zwar zum einen zu den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen und zum anderen zu abweichenden Bedingungen mit dem Wegfall des Sonderkündigungsrechts.

Meistbietende auf das Ausgebot zu den gesetzlichen Bedingungen blieb die Beteiligte zu 3) mit einem Gebot von 305.000 €. Meistbietender auf das Gebot zu den abweichenden Bedingungen war der Beteiligte zu 4) mit einem Gebot von 237.500 €. Letztlich wurde der Beteiligten zu 3) der Zuschlag zu den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen erteilt. Hiergegen legte diese allerdings Beschwerde mit der Begründung ein, sie habe angenommen, dass ihr bei einem Zuschlag zu den gesetzlichen Bedingungen das Sonderkündigungsrecht nach § 57a ZVG zustehe; tatsächlich sei dieses jedoch nach § 183 ZVG ausgeschlossen.

Das Vollstreckungsgericht half der Beschwerde ab und versagte sowohl der Beteiligten zu 3) als auch dem Beteiligten zu 4) den Zuschlag. Das LG wies die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) ab. Auch die Rechtsbeschwerde vor dem BGH blieb erfolglos.

Die Gründe:
Das Vollstreckungsgericht musste der zulässigen Zuschlagsbeschwerde der Beteiligten zu 3) abhelfen, da der Zuschlag auf das von ihr abgegebene Gebot gem. § 83 Nr. 1 ZVG zu versagen war.

Die Voraussetzungen des § 83 Nr. 1 ZVG lagen vor, weil die Vorschrift des § 59 Abs. 2 ZVG verletzt war. Diese lässt ein Doppelausgebot nur zu, wenn ein Beteiligter eine Feststellung des geringsten Gebots oder der Versteigerungsbedingungen verlangt, die von den gesetzlichen Vorschriften abweicht. Hieran fehlte es allerdings, da die zu dem Sonderkündigungsrecht des § 57a ZVG beantragten abweichenden Bedingungen den gesetzlichen entsprachen.

Eine Heilung des Verfahrensmangels gem. § 84 Abs. 1 ZVG schied aus, da nicht ausgeschlossen werden konnte, sondern es vielmehr nahelag, dass das fehlerhafte Doppelausgebot bei den Anwesenden zu Fehlvorstellungen über den Inhalt der gesetzlichen Versteigerungsbedingungen geführt und damit das Recht der Beteiligten zu 3) als Bieterin beeinträchtigt hatte. Dem stand nicht entgegen, dass ein Irrtum über die Bedingungen, zu denen das Versteigerungsobjekt erworben werden kann, grundsätzlich zu Lasten des Bieters geht und diesen auch nicht zu einer Anfechtung seines Gebots berechtigt. Schließlich ist die strikte Bindung des Bieters an sein Gebot unter dem Gesichtspunkt eines fairen Verfahrens nicht zu rechtfertigen, wenn dessen Abgabe durch Fehler des Vollstreckungsgerichts beeinflusst wurde, die geeignet sind, unrichtige Vorstellungen über wesentliche Merkmale des Versteigerungsobjekts oder über den Inhalt der Versteigerungsbedingungen zu erwecken.

Eine solche Irreführung lag hier vor. Ein verständiger Bieter konnte im vorliegenden Fall das Mehrfachausgebot zu den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen einerseits und ohne das Sonderkündigungsrecht nach § 57a ZVG andererseits nur dahin verstehen, dass die gesetzlichen Bedingungen ein Sonderkündigungsrecht des Erstehers vorsehen.

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