22.11.2011

Zu den Grenzen der zulässigen Berichterstattung in Strafverfahren

Das OLG Köln hat die Grenzen einer zulässigen Berichterstattung in Straf- und Ermittlungsverfahren näher festgelegt. Dabei ging es um drei Unterlassungsklagen hinsichtlich der Verbreitung verschiedener Bilder und Textpassagen eines wegen des Verdachts der Vergewaltigung einer Ex-Freundin angeklagten, im Strafverfahren freigesprochenen Fernsehmoderator gegen eine Tageszeitung und deren Online-Ausgabe.

OLG Köln 15.11.2011, 15 U 62/11 u.a.
Sachverhalt:
In den drei Verfahren hatte ein wegen des Verdachts der Vergewaltigung einer Ex-Freundin angeklagter, im Strafverfahren freigesprochener Fernsehmoderator gegen eine Tageszeitung und deren Online-Ausgabe auf Unterlassung der Verbreitung verschiedener Bilder und Textpassagen geklagt.

Das Ermittlungs- und Strafverfahren war in den Medien mit großer Aufmerksamkeit und ausführlichen Berichterstattung begleitet worden. Die Beklagte hatte in dem Verfahren Az: 15 U 62/11 heimlich aufgenommene Fotos, die den Kläger während der Untersuchungshaft im Gefängnishof der Justizvollzugsanstalt zeigten, veröffentlicht. Außerdem berichtete sie in dem Verfahren 15 U 61/11 über den Fund eines Messers, an dem sich DNA-Spuren des Klägers befunden haben sollen. Das dritte Verfahren 15 U 60/11 bezog sich auf die Veröffentlichung einer privaten E-Mail, die der Kläger an seine ehemalige Freundin "Isabella M." gesandt hatte sowie auf die darauf bezogene Berichterstattung.

Das OLG bestätigte im ersten und dritten Verfahren die Klagestattgaben des LG. Im zweiten Verfahren hob es die erstinstanzliche Entscheidung auf und wies die Klage ab. Die Revision wurde in keinem der drei Fälle zugelassen.

Gründe:
Die heimlich aufgenommenen Fotos, die den Kläger während der Untersuchungshaft im Gefängnishof zeigten, hätten nicht veröffentlicht werden dürfen. Zu dem damaligen Zeitpunkt bestand kein Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit, das in Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht des Klägers dominierte. Der Kläger hatte sich nicht im öffentlichen Raum bewegt, sondern konnte vielmehr erwarten, während seiner Inhaftierung nicht behelligt zu werden.

Was die die Berichterstattung über den Fund eines Messers betraf, so war die Begründung des LG, dass es sich um eine unzulässige Verdachtsberichterstattung gehandelt habe, nicht richtig. Die Grenzen der zulässigen Verdachtsberichterstattung wurden nicht überschritten. Vielmehr war hinreichend klargestellt worden, dass aus Sicht der Staatsanwaltschaft genug Beweise für eine Anklageerhebung vorlagen, ohne dass bereits im Sinn einer Vorverurteilung der Ausgang des Strafverfahrens als sicher vorherzusagen dargestellt wurde. Feststellungen dazu, ob diese Darstellung der Wahrheit entsprach, wurden nicht getroffen.

Hinsichtlich der Veröffentlichung der privaten E-Mail des Klägers an seine ehemalige Freundin war durch die darauf bezogene Berichterstattung das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt worden. Das Berichterstattungsinteresse überwog in diesem Fall nicht das Recht des Klägers auf Schutz seiner Privatsphäre. Wie sich der Kläger im Jahr 2004 gegenüber einer seiner Freundinnen/ Geliebten verhalten hatte, wies nur einen schwachen Bezug zu der ihm vorgeworfenen Straftat und den Umständen ihrer Entstehung auf.

OLG Köln PM v. 22.11.2011