28.05.2013

Zu den Sorgfaltspflichten eines Reitlehrers

Das OLG Frankfurt a.M. hat Schadenersatzansprüche gegen einen Reitlehrer zurückgewiesen, in dessen Reitunterricht eine Reitschülerin vom Pferd gestützt war, nachdem ein anderes nahe vorbeigeführtes Pferd ein Ausbrechen des Unterrichtspferdes verursacht hatte. Die Reitschülerin hatte sich bei dem Sturz erheblich verletzt.

OLG Frankfurt a.M. 27.5.2013, 4 U 162/12
Der Sachverhalt:
Der beklagte Reitlehrer erteilte einer Finanzbeamtin in einer Reithalle in Hessen Einzelunterricht. Diese ritt auf einem 18-jährigen Wallach im Trab auf einer Kreisbahn in einer Hälfte der Reithalle. Der Beklagte, der auch Halter des Pferdes ist, stand in der Mitte des Zirkels. In der anderen Hälfte der Reithalle wurde zur selben Zeit von der Ehefrau des Beklagten eine Stute in Begleitung ihres freilaufenden Fohlens geführt.

Stute und Fohlen verließen schließlich die Halle durch ein Tor und durchquerten dabei den Zirkel, in dem die Finanzbeamtin ritt. Im Anschluss daran änderte der Wallach abrupt seine Richtung und brach aus dem Zirkel aus. Hierdurch stürzte die Finanzbeamtin vom Pferd und erlitt einen Bruch eines Lendenwirbels. Das Land Hessen, bei dem die Finanzbeamtin beschäftigt ist, nahm den Beklagten aus übergegangenem Recht wegen der angefallenen Arztkosten und des während der Erkrankung der Beamtin fortgezahlten Gehalts in Anspruch.

Das LG wies die Klage ab; eine etwaige Sorgfaltspflichtverletzung, die dem Beklagten zur Last gelegt werden müsse, sei nicht ursächlich für den Unfall gewesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Landes Hessen blieb vor dem OLG ohne Erfolg. Gegen die Entscheidung kann Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH eingelegt werden.

Die Gründe:
Das Lang Hessen hat keinen Schadenersatzanspruch gegen den Reitlehrer.

Der Beklagte hat zwar seine Pflichten als Reitlehrer dadurch verletzt, dass er seine Schülerin weiter traben ließ, während die Stute und ihr Fohlen den Zirkel durchgequerten und die Halle durch das Tor verließen. In dieser Situation hätte er seine Schülerin zumindest auffordern müssen, lediglich im "Schritt" - also langsamer - weiterzureiten.

Diese Vorsichtsmaßnahme war deshalb geboten, weil in dieser Situation, die naheliegende Möglichkeit besteht, dass das trabende Pferd wegen seines Herdentriebes mit einer plötzlichen Richtungsänderung den anderen nachfolgen wolle. Damit ist eine Gefährdung für den Reiter verbunden, wenn er im Trab oder Galopp reitet, weil bei hohem Tempo eine unvorhergesehene Richtungsänderung des Pferdes vom Reiter nicht in jedem Falle durch Körperverlagerung aufgefangen werden und er deshalb stürzen kann. Demgegenüber ist im Schritt eine solche Richtungsänderung des Pferdes in der Regel auffangbar.

Es fehlt allerdings ein zurechenbarer Kausalzusammenhang zwischen der Sorgfaltspflichtverletzung des Beklagten und dem Sturz. Da der Wallach erst ausgebrochen ist, nachdem das Tor bereits wieder geschlossen war, ist davon auszugehen, dass er dies auch dann getan hätte, wenn die Schülerin auf Anweisung des Beklagten zunächst im Schritt und erst nach Schließen des Tores wieder angetrabt wäre.

Linkhinweis:

Den Volltext der Entscheidung finden Sie in der Hessenrecht Landesrechtsprechungsdatenbank.

Um direkt zum Volltext zu gelangen, klicken Sie bitte hier.

OLG Frankfurt a.M. PM vom 27.5.2013
Zurück