21.12.2011

Zu Laufzeitvereinbarungen in Wärmeversorgungsverträgen

Die nach § 32 Abs. 1 AVBFernwärmeV zulässige Vertragslaufzeit von bis zu zehn Jahren in Wärmeversorgungsverträgen ist deswegen gerechtfertigt, weil die Fernwärmeversorgung den Versorger zu hohen Investitionen zwingt. Eben daran fehlt es jedoch, wenn der Versorger die dem Bezieher gehörende und von diesem zu unterhaltende Anlage nur zu einem symbolischen Pachtzins (hier: 1 €/Jahr) gepachtet hat.

BGH 21.12.2011, VIII ZR 262/09
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft, die Beklagte ein Energiedienstleistungsunternehmen. Die Beklagte schloss am 17.9.2002 einen vorformulierten Wärmelieferungsvertrag mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin. In dem Vertrag ist die Geltung der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) vereinbart.

Weiter sieht der Vertrag vor, dass der Heizraum und die Heizstation, in denen die Wärme erzeugt wird, vom Kunden gestellt und von der Beklagten für 1 €/Jahr gepachtet werden und dass der Kunde die Kosten der baulichen Instandhaltung und künftig notwendig werdende Ersatzinvestitionen zu tragen hat. Die Laufzeit des Vertrages ist mit zehn Jahren vereinbart. Die Klägerin hält diese Laufzeitvereinbarung für unwirksam und hat den Vertrag zum 31.8.2007 gekündigt.

Das AG gab der auf Feststellung der Vertragsbeendigung zum 31.8.2007 gerichteten Klage mit der Maßgabe statt, dass der Vertrag zum 31.12.2007 endet. Das KG wies die Klage ab. Auf die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Berufung der Beklagten zurück.

Die Gründe:
Die in dem Vertrag enthaltene Laufzeitvereinbarung ist unwirksam.

Entgegen der Ansicht des KG ergibt sich die Zulässigkeit der zehnjährigen Vertragsbindung nicht aus § 32 Abs. 1 AVBFernwärmeV, weil das Vertragsverhältnis nicht die Lieferung von Fernwärme zum Gegenstand hat. Nach der Rechtsprechung des BGH ist für den gesetzlich nicht definierten Begriff Fernwärme entscheidend, dass aus einer nicht im Eigentum des Gebäudeeigentümers stehenden Heizungsanlage Wärme geliefert wird.

Das entspricht auch der Auffassung des Verordnungsgebers, der die nach § 32 Abs. 1 AVBFernwärmeV zulässige Vertragslaufzeit von bis zu zehn Jahren deswegen als gerechtfertigt ansieht, weil die Fernwärmeversorgung den Versorger zu hohen Investitionen zwingt. Hieran fehlte es jedoch im Streitfall, da Beklagte die der Klägerin gehörende und von dieser zu unterhaltende Anlage nur zu einem symbolischen Pachtzins von 1 €/Jahr gepachtet hat.

Ferner hält die Laufzeitklausel nicht der Inhaltskontrolle des § 307 BGB stand. Es fehlt insoweit mangels hoher Investitions- und Vorhaltekosten auf Seiten der Beklagten an einer sachlichen Rechtfertigung für die zehnjährige Vertragsbindung. Eine Aufrechterhaltung der Klausel mit einer kürzeren Laufzeit kam wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion unangemessener AGB nicht in Betracht.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 199 vom 21.12.2011
Zurück