04.09.2012

Zu Unrecht eingetragene Bucheigentümer sind nicht zur Erhebung einer Anfechtungsklage befugt

In Fällen, in denen der im Grundbuch als Eigentümer eingetragene Käufer, das Wohnungseigentum nach materiellem Recht nicht wirksam erworben hat, ist er hinsichtlich einer Anfechtungsklage klagebefugt. Kann die Zustimmung zur Veräußerung von Wohnungseigentum nach der Teilungserklärung nur aus wichtigem Grund verweigert werden, wird ein die Zustimmung versagender Beschluss der Wohnungseigentümer im Regelfall auch dann bestandskräftig, wenn ein wichtiger Grund zu Unrecht angenommen wurde.

BGH 20.7.2012, V ZR 241/11
Der Sachverhalt:
Mit notarieller Erklärung aus Dezember 1985 war ein Grundstück durch Miteigentümer, u.a. die Beklagten zu 1) und 2), in Eigentumswohnungen aufgeteilt worden. Die Teilungserklärung sah vor, dass die Veräußerung des Wohnungseigentums der schriftlichen Zustimmung des Verwalters bedurfte. Zwei Miteigentümer veräußerten im Juni 1986 an den Kläger ihre Eigentumswohnung. Er wurde im Januar 1987 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Weil die Zustimmung des Verwalters nicht nachgewiesen worden war, wurde 1992 ein Amtswiderspruch in das Grundbuch eingetragen.

Die Rechtsmittel des Klägers blieben erfolglos. In der Eigentümerversammlung von September 1992 versagten die Wohnungseigentümer schließlich die Zustimmung zu der Veräußerung durch Beschluss. Die dagegen gerichtete Anfechtungsklage des Klägers wies das LG ab, weil es ihn nicht als klagebefugt ansah.

Im Jahr 2001 beantragten die Veräußerer ihre Wiedereintragung in das Grundbuch. Der Kläger machte hingegen geltend, die Wohnungseigentümer hätten der Veräußerung konkludent zugestimmt. Der Antrag blieb erfolglos. Der Amtswiderspruch wurde im Jahr 2005 gelöscht. Die gegen die Veräußerer gerichtete Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises wies das LG mit der Begründung zurück, der Kläger habe infolge konkludenter Zustimmung der Wohnungseigentümer wirksam Eigentum erworben.

In der Eigentümerversammlung im Februar 2008 wurden verschiedene Beschlüsse gefasst, die der Kläger größtenteils für nichtig hielt. AG und LG stellten die Nichtigkeit der Beschlüsse fest. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH die Entscheidungen auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Das Berufungsgericht hatte den Kläger zu Unrecht als klagebefugt angesehen.

Nach § 46 Abs. 1 S. 1 WEG darf die Anfechtungsklage nur von einem Wohnungseigentümer erhoben werden. Der Kläger war zwar als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen, zur Veräußerung fehlte allerdings die vorgeschriebene schriftliche Zustimmung des Verwalters. Und in Fällen, in denen derjenige, der im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist, das Wohnungseigentum nach materiellem Recht nicht wirksam erworben hat, liegt keine Klagebefugnis zur Erhebung einer Anfechtungsklage vor; der wahre Berechtigte ist Träger der mit dem Wohnungseigentum verbundenen Rechte und Pflichten. Dem zu Unrecht eingetragenen Bucheigentümer kommen insofern auch keine Mitwirkungsrechte zu.

Die Veräußerung war auch nicht durch eine nachträgliche Zustimmung der Wohnungseigentümer wirksam geworden. Zwar können die Wohnungseigentümer anstelle des Verwalters die Zustimmung entweder durch einen förmlichen Mehrheitsbeschluss oder durch die Erklärung aller übrigen Wohnungseigentümer erteilen. Ob sie - wie das LG meinte - die Zustimmung auch konkludent erteilen können, konnte jedoch dahinstehen, denn in der Zeit vor 1992 fehlte den übrigen Wohnungseigentümern jedenfalls das erforderliche Erklärungsbewusstsein, weil sie nach den Feststellungen des Gerichtes nicht wussten, dass es an einer wirksamen Zustimmung fehlte. Anschließend verweigerten sie die Zustimmung durch den Beschluss im September 1992. Da die Veräußerung infolge dieses Beschlusses unwirksam geworden war, konnte sie durch eine spätere Zustimmung auch nicht mehr wirksam werden.

Letztlich machte der Kläger erfolglos - erstmals in der Revision - geltend, der Beschluss aus September 1992 sei nichtig und habe nicht zur Unwirksamkeit der Veräußerung geführt, weil es zu der Zeit der Beschlussfassung an einem erforderlichen wichtigen Grund für die Versagung der Zustimmung gefehlt habe. Es ist zwar umstritten, welche Folge das Fehlen eines wichtigen Grundes für den die Zustimmung versagenden Beschluss hat. Der Senat teilt aber die Ansicht, dass die Bestimmung des § 12 Abs. 2 S. 1 WEG nicht dispositiv ist und die Wohnungseigentümer geringere Anforderungen nicht vereinbaren dürfen. Gibt die Teilungserklärung aber - wie hier - den richtigen Maßstab vor und gehen die Wohnungseigentümer von diesem aus, ist der gefasste Beschluss nicht gem. § 23 Abs. 4 S. 1 WEG nichtig, wenn ein wichtiger Grund zu Unrecht angenommen wurde. Ein anderes Ergebnis wäre mit den Interessen der Beteiligten und dem Erfordernis der Rechtssicherheit unvereinbar.

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