24.07.2012

Zugang eines bulgarischen Studenten zum Arbeitsmarkt eines anderen EU-Mitgliedstaats

Die Bedingungen für den Zugang bulgarischer Studenten zum Arbeitsmarkt eines EU-Mitgliedstaats (hier: Österreich) dürfen nicht restriktiver sein als die in der Richtlinie 2004/114 für Studenten aus Drittländern vorgesehenen Bedingungen. Das österreichische Ausländerbeschäftigungsgesetz als nationale Rechtsvorschrift ist nicht mit Unionsrecht vereinbar.

EuGH 21.6.2012, C-15/11
Der Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer beantragte im Jahr 2008 eine Beschäftigungsbewilligung für einen in Österreich studierenden bulgarischen Staatsangehörigen, der sich bereits länger als ein Jahr in Österreich aufhielt. Er wollte den Studenten als Kraftfahrer für eine Arbeitszeit von 10,25 Stunden pro Woche zu einem Bruttolohn von 349 Euro anstellen. Der Student sollte Nachtlieferungen in Wien ausführen. Die zuständige Arbeitsmarktbehörde (Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice) lehnte den Antrag ab mit der Begründung, dass die für das Land Wien auf 66 000 festgesetzte Höchstzahl ausländischer Arbeitskräfte bereits überschritten sei.

Nach Unionsrecht (Richtlinie 2004/114/EG) kann sich der Aufnahmemitgliedstaat nach dem ersten Aufenthaltsjahr gegenüber einem Studenten, der Angehöriger eines Drittstaats ist, nur dann auf die Lage auf dem Arbeitsmarkt berufen, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen. Die österreichische Regelung verlangt eine systematische Prüfung des Arbeitsmarkts unabhängig von dem Nachweis einer rechtfertigenden außergewöhnlichen Situation. Der Beschwerdeführer blieb mit seinem Widerspruch auf dem Verwaltungsweg erfolglos und legte Beschwerde beim österreichischen Verwaltungsgerichtshof ein. Dieser setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH vor.

Die Gründe:
Der EuGH stellte fest, dass gem.  Anhang VI Punkt 1 Nr. 14 des Aufnahmeprotokolls die Bedingungen für den Zugang bulgarischer Studenten zum Arbeitsmarkt in dem im Ausgangsverfahren relevanten Zeitraum nicht restriktiver sein dürfen als die in der Richtlinie genannten Bedingungen.  Dem bulgarischen Studenten muss vielmehr Vorrang vor dem einem Drittstaat angehörenden Studenten eingeräumt werden. Die nationalen Rechtsvorschriften im vorliegenden Verfahren sehen aber für bulgarische Staatsangehörige eine restriktivere als die nach der Richtlinie für Drittstaatsangehörige vorgesehene Behandlung vor und stehen damit im Widerspruch zu Unionsrecht.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier

EuGH PM Nr. 83 v. 21.6.2012
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