30.06.2016

Zum Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld bei groben Beleidigungen

Ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung bei groben Beleidigungen im persönlichen Umfeld ohne Breitenwirkung in der Öffentlichkeit ist nicht gegeben, wenn die mit den Beleidigungen verbundenen Beeinträchtigungen befriedigend durch einen im einstweiligen Verfügungsverfahren erwirkten strafbewehrten Unterlassungstitel und das Ordnungsmittelverfahren aufgefangen werden können. Außerdem hat der Betroffene in der Regel Gelegenheit, wegen der Beleidigungen den Privatklageweg zu beschreiten und sich auch dadurch Genugtuung zu verschaffen.

BGH 24.5.2016, VI ZR 496/15
Der Sachverhalt:
Der Kläger begehrte von dem Beklagten, seinem ehemaligen Vermieter, die Zahlung einer Geldentschädigung, weil dieser ihn im Juni 2012 insbesondere in Kurzmitteilungen (SMS) u.a. als "Lusche allerersten Grades", "arrogante rotzige große asoziale Fresse", "Schweinebacke", "feiges Schwein", "feige Sau", "feiger Pisser", "asozialer Abschaum" und "kleiner Bastard" bezeichnet hatte. Im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens erwirkte der Kläger daraufhin ein Anerkenntnisurteil, wonach der Beklagte es unter Androhung eines Ordnungsgeldes zu unterlassen hat, den Kläger zu beleidigen und in irgendeiner Form - auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln - unmittelbaren Kontakt zum Kläger aufzunehmen. Der Kläger erstattete weiterhin Strafanzeige gegen den Beklagten. Das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt und der Kläger auf den Privatklageweg verwiesen, wovon er jedoch keinen Gebrauch gemacht hatte.

AG und LG wiesen die Klage auf Schmerzensgeld ab. Auch die Revision des Klägers vor dem BGH blieb ohne Erfolg.

Die Gründe:
Zwar kam hier eine Geldentschädigung bei Verletzung der menschlichen Würde und Ehre gem. § 823 BGB i.V.m. Art. 1 und 2 GG in Betracht. Voraussetzung eines "Schmerzensgeldanspruchs" ist aber eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Und eine solche lag hier nicht vor.

Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen.

Bei der gebotenen Gesamtwürdigung ist auch ein erwirkter Unterlassungstitel zu berücksichtigen; der Titel und die mit ihm verbundenen Vollstreckungsmöglichkeiten können den Geldentschädigungsanspruch beeinflussen und im Zweifel sogar ausschließen. Schließlich findet die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde.

Bei den beanstandeten Äußerungen handelte es sich aber um grobe Beleidigungen im persönlichen Umfeld ohne Breitenwirkung in der Öffentlichkeit. Die mit den Beleidigungen verbundenen Beeinträchtigungen konnten befriedigend durch den vom Kläger im einstweiligen Verfügungsverfahren erwirkten strafbewehrten Unterlassungstitel und das Ordnungsmittelverfahren aufgefangen werden. Des Weiteren hatte der Kläger die Gelegenheit, wegen der Beleidigungen den Privatklageweg zu beschreiten und sich auch dadurch Genugtuung zu verschaffen. Für die Zahlung einer Geldentschädigung war aufgrund der Umstände des Streitfalls daneben deshalb kein Raum.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für den Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück