Zum Anspruch des Vermieters auf Herausgabe von Nutzungen gegen Mieter und Untermieter
BGH 14.3.2014, V ZR 218/13Die Klägerin vermietete an den Beklagten zu 2) ein Haus. Dieses wurde in der Folgezeit jedenfalls teilweise von der Beklagten zu 1) genutzt. Den Mietvertrag kündigte die Klägerin außerordentlich zum 30.6.2012. Die Beklagten wurden in der Folge rechtskräftig zur Räumung der Mietsache verurteilt; diese erfolgte am 6.11.2012 im Wege der Zwangsvollstreckung. Die Klägerin nimmt die Beklagte zu 1) auf Ersatz gezogener Nutzungen in Anspruch; von dem Beklagten zu 2) verlangt sie die Zahlung einer Nutzungsentschädigung.
Das AG erhielt den gegen die Beklagte zu 1) ergangenen Vollstreckungsbescheid über 1.595 € (Brutto-Monatsmiete als Ersatz für gezogene Nutzungen im Juli 2012) aufrecht und verurteilte den Beklagten zu 2) als Gesamtschuldner ebenfalls zur Zahlung dieses Betrages an die Klägerin. Ferner verurteilte es die Beklagten als Gesamtschuldner, weitere 4.785 € (für August bis Oktober 2012) sowie bis zur Räumung und Herausgabe der Mietsache jeweils 1.595 € mtl. im Voraus zu zahlen. Auf die Berufung der Beklagten zu 1 erhielt das LG den Vollstreckungsbescheid dahingehend aufrecht, dass sie zur Zahlung von 460 € (anteilige Nutzungen für Juli 2012) nebst Zinsen verpflichtet ist, und ihre Verurteilung i.Ü. unter Abweisung der weitergehenden Klage auf 1.472 € (anteilige Nutzungen für August bis 6.11.2012) nebst Zinsen reduziert.
Auf die Revision der Klägerin, mit der sie die vollständige Aufrechterhaltung des Vollstreckungsbescheides sowie die Verurteilung der Beklagten zu 1) zur Zahlung weiterer 3.632 € nebst Zinsen erreichen möchte, hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.
Die Gründe:
Das LG hat zutreffend zugrunde gelegt, dass sich der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen nach den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisseqfs bestimmt. Nach gefestigter Rechtsprechung finden die Vorschriften der §§ 987 ff. BGB auf den Besitzer, dessen ursprüngliches Besitzrecht entfallen ist, und damit auch auf den infolge des Wegfalls des Hauptmietvertrags nicht mehr zum Besitz berechtigten Untermieter oder sonstigen Nutzer Anwendung. Richtig ist auch. Dass es für den Anspruch nach § 987, § 990 Abs. 1 BGB darauf ankommt, in welchem Umfang die Beklagte zu 1) Besitz an der herauszugebenden Sache hatte. Soweit vereinzelt vertreten wird, dass die von dem Untermieter herauszugebenden Nutzungen sich nicht auf die von ihm genutzten Räume beschränkten, kann dem nicht gefolgt werden.
Die hierfür gegebene Begründung, dass eine Wohnung ebenso wie ein Einfamilienhaus nur als Einheit zurückgegeben werden könne, hat im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs nach § 990 Abs. 2, § 286 BGB ihre Berechtigung; auf Ansprüche nach § 987, § 990 Abs. 1 S. 2 BGB lässt sie sich jedoch nicht übertragen. Gibt ein unmittelbarer Besitzer eines Raums einer Wohnung diesen nicht heraus und ist es dem Eigentümer nicht zumutbar, nur Teile der Wohnung zu vermieten, so setzt der unmittelbare Besitzer des Raums die Ursache dafür, dass die gesamte Wohnung nicht vermietet werden kann und daher ein entsprechender Mietausfallschaden. Im Rahmen der § 987, § 990 Abs. 1 BGB geht es demgegenüber um von dem Besitzer gezogene oder schuldhaft nicht gezogene Nutzungen. An Räumlichkeiten, an denen kein Besitz besteht, können Nutzungen nicht gezogen werden.
Das LG legt seiner Entscheidung im Ergebnis auch zu Recht zugrunde, dass die Klägerin beide Beklagten wie Gesamtschuldner in Anspruch nehmen kann. Der Eigentümer kann unter den Voraussetzungen der § 987, § 991 BGB den mittelbaren Besitzer auf Herausgabe der Rechtsfrüchte - wie etwa den Mietzins oder eine Nutzungsentschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB aus dem Untermietverhältnis - in Anspruch nehmen. Von dem unmittelbaren Besitzer kann der Eigentümer unter den Voraussetzungen der § 987, § 990 BGB die tatsächlich gezogenen Nutzungen, also den objektiven Mietwert der innegehabten Räume, verlangen. Zwischen dem mittelbaren und dem unmittelbaren Besitzer liegt in diesen Fällen keine Gesamtschuld vor. Die Ansprüche haben jeweils einen anderen Inhalt. Sie decken sich bei einer Abweichung des objektiven Mietwerts von dem jeweils vereinbarten Mietzins auch nicht in ihrer Höhe.
Die Gefahr einer unstatthaften doppelten Befriedigung ist dann nicht gegeben, wenn der Eigentümer zugleich beide Besitzer - sowohl den mittelbaren als auch den unmittelbaren - in Anspruch nimmt und sichergestellt ist, dass er die Leistung - wie bei einer Gesamtschuld - nur einmal beanspruchen kann. Insoweit sind die §§ 421 ff. BGB entsprechend heranzuziehen. Diese Analogie liefert über die entsprechende Anwendung des § 422 Abs. 1 BGB die Begründung dafür, dass die Erfüllung durch einen Schuldner auch zugunsten des anderen wirkt. Auch erscheint die entsprechende Heranziehung des § 426 BGB für den Ausgleich zwischen den Schuldnern sachgerechter als die Heranziehung der Vorschriften über die Rechtsmängelhaftung, auf die sich der Innenausgleich ansonsten beschränkte.
Verfahrensfehlerhaft ist jedoch die Feststellung des LG, die Beklagte zu 1) habe lediglich Besitz an zwei Zimmern und Mitbesitz an der Gemeinschaftsküche gehabt. Richtig ist zwar, dass die Klägerin für den Umfang des Besitzes der Beklagten zu 1) an den Räumen zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit (§ 987 BGB) oder des Eintritts ihrer Bösgläubigkeit (§ 990 Abs. 1 S. 2 BGB) darlegungs- und beweisbelastet ist. Entgegen der Ansicht des LG ist ihr Vortrag, die Beklagte zu 1) habe das von dem Beklagten zu 2) gemietete Haus allein genutzt, jedoch hinreichend substantiiert, so dass die von ihr benannten Zeugen zu dieser Behauptung hätten vernommen werden müssen. Im zweiten Rechtsgang wird nun darüber Beweis zu erheben sein, in welchem Umfang die Beklagte zu 1) Besitz an Räumlichkeiten hatte.
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