Zum Anspruch nach § 839a BGB wegen eines unrichtigen Gutachtens
BGH 30.8.2018, III ZR 363/17Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadenersatz und Schmerzensgeld unter dem Vorwurf, sie habe ein unrichtiges aussagepsychologisches Gutachten in einem gegen ihn geführten Strafverfahren wegen angeblichen sexuellen Missbrauchs seiner damaligen Pflegetochter erstellt. Das LG erklärte die materiellen Schadensersatzansprüche des Klägers (Zahlungsanspruch gem. Klageantrag zu 1) gem. § 839a BGB dem Grunde nach für gerechtfertigt und verurteilte die Beklagte - unter Abweisung des diesbezüglich weitergehenden Klageantrags - zur Zahlung eines Schmerzensgelds von 50.000 € verurteilt. Des Weiteren gab es den Feststellungsanträgen des Klägers (bezogen auf künftige und weitere Schäden) statt.
Das OLG wies die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten zurück und verurteilte sie auf die Anschlussberufung des Klägers - unter gleichzeitiger Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels - zur Zahlung eines weiteren Schmerzensgelds von 10.000 € (also: insgesamt 60.000 €). Die Revision wurde nicht zugelassen. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Zulassungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO sind nicht erfüllt.
Die Rüge der Beschwerde, das OLG habe für die Beurteilung des Kausalzusammenhangs zwischen dem fehlerhaften Gutachten der Beklagten und dem Strafurteil gegen den Kläger einen fehlerhaften Maßstab angelegt, greift nicht durch. Für den Anspruch nach § 839a BGB ist danach zu unterscheiden, ob das unrichtige Gutachten für den Inhalt der gerichtlichen Entscheidung (mit-) ursächlich geworden ist ("beruhen auf"; haftungsbegründende Kausalität) und ob der entstandene Schaden durch die von dem unrichtigen Gutachten beeinflusste Gerichtsentscheidung herbeigeführt worden ist (haftungsausfüllende Kausalität).
Die (Mit-)Ursächlichkeit des Gutachtens der Beklagten für die strafgerichtliche Verurteilung des Klägers kommt hinreichend deutlich darin zum Ausdruck, dass sich die Jugendkammer ausdrücklich auf dieses Gutachten gestützt hat. Die darüber hinausgehenden Ausführungen des OLG betreffen die Frage, ob der geltend gemachte Schaden auf das vom unrichtigen Gutachten der Beklagten beeinflusste Strafurteil zurückzuführen ist, und somit die haftungsausfüllende Kausalität. Hierfür ist maßgebend, wie der Ausgangsprozess bei Vorlage eines richtigen Gutachtens des Sachverständigen richtigerweise hätte entschieden werden müssen.
Dies entspricht wohl allgemeiner Auffassung. In seinem Urteil vom 11.3.2010 (III ZR 124/09) hat der erkennende Senat zugrunde gelegt, dass, wenn es für die Frage der Ursächlichkeit einer Amtspflichtverletzung für den eingetretenen Schaden darauf ankomme, wie die Entscheidung eines Gerichts ausgefallen wäre, darauf abzustellen sei, wie nach Ansicht des über den Schadensersatzanspruch erkennenden Gerichts richtigerweise hätte entschieden werden müssen. Für die an § 839 BGB angelehnte Haftung nach § 839a BGB kann insoweit nichts anderes gelten. Eine ebenfalls vertretene abweichende Einschätzung ist, soweit ersichtlich, vereinzelt geblieben.
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