Zum Bereicherungsanspruch des Pächters nach enttäuschter Erwartung eines künftigen Eigentumserwerbs
BGH 19.7.2013, V ZR 93/12Die Beklagten sind Eigentümer eines Grundstücks. Eine Teilfläche hatten sie dem Kläger verpachtet. In dem schriftlichen Vertrag aus Oktober 1990, nach dem die Pachtzeit im Januar 1991 beginnen und mindestens 30 Jahre dauern sollte, war zudem vereinbart, dass für den Fall, dass ein Erbbaurechtsvertrag aus Gründen nicht zustande kommen sollte, die weder der Pächter noch der Verpächter zu vertreten haben, der Pachtvertrag sogar 99 Jahre laufen sollte. Dem Pächter wurde außerdem die Errichtung von Gebäuden gestattet.
In der Folgezeit errichtete der Kläger ein aus einem Pferdestall mit Wohnhaus bestehendes "Kombinationsgebäude" sowie weitere Stallgebäude. Den Abschluss eines Erbbaurechtsvertrages, den der Kläger mehrfach angemahnt hatte, verweigerten die Beklagten im April 2005 endgültig. Nach weiterer Korrespondenz erklärten sie im März bzw. Mai 2008 die Kündigung des Vertrages mit der Begründung, die Pacht für die Jahre 2006 bis 2008 sei nicht bezahlt worden.
Dem widersprach der Kläger und erklärte seinerseits "hilfsweise" die Kündigung des Vertrages. Er behauptete, die baulichen Anlagen seien auf seine Veranlassung und mit seinen Mitteln errichtet worden und nicht von der auf Seiten der Beklagten dem Rechtsstreit als Streithelferin beigetretenen früheren LPG, mit der er eine Gesellschaft zum Betrieb einer Pferdepension habe gründen wollen. Den Wert der auf dem Grundstück errichteten Anlagen bezifferte er mit 440.000 €.
LG und OLG wiesen die auf Zahlung von Wertersatz gerichtete Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Klage zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Gründe:
Zu Unrecht hatte das OLG angenommen, das vage - nur auf einer ungesicherten Rechtsposition beruhende und nicht der Formvorschrift des § 311b Abs. 1 BGB (i.V.m. § 11 ErbbauRG) - Absichtserklärungen stünden der Annahme einer begründeten Erwartung entgegen.
Es hat zum einen übersehen, dass die Weigerung zur Rechtsverschaffung bei Bestehen einer bindenden vertraglichen Abrede zur Übertragung des Eigentums oder zur Einräumung eines eigentumsgleichen Rechts von vornherein nicht zu einem Bereicherungsausgleich nach § 812 Abs. 1 S. 2 BGB führt. Zum anderen verkannte das Berufungsgericht, dass eine Erwartung in dem hier in Rede stehenden Zusammenhang bereits dann begründet ist, wenn die Bebauung und der spätere Eigentumserwerb auf einer tatsächlichen Willensübereinstimmung zwischen dem Bauenden und dem Grundstückseigentümer beruht.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts scheiterte ein Bereicherungsausgleich auch nicht daran, dass der Pächter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses grundsätzlich verpflichtet war, Einrichtungen, Aufbauten und sonstige bauliche Anlagen zu entfernen, was selbst dann galt, wenn der der Verpächter den Maßnahmen zugestimmt hatte. Hiervon nicht erfasst wurde die Sonderkonstellation, dass ein Grundstück in der begründeten, später aber enttäuschten Erwartung eines künftigen Eigentumserwerbs bebaut wurde. Eine solche - für Miet- und Pachtverträge atypische - Erwartung stand der Annahme einer abschließenden Regelung durch die miet- und pachtrechtlichen Gesetzesbestimmungen entgegen.
Nicht bedacht wurde letztlich, dass die Parteien eine Mindestlaufzeit von 30 Jahren und für den Fall, dass ein Erbbaurechtsvertrag aus Gründen nicht zustande kommen sollte, die weder der Pächter noch der Verpächter zu vertreten haben, sogar von 99 Jahren vereinbart hatten. Insofern lag es zwar nahe, dass die Parteien davon ausgegangen waren, dass sich bauliche Investitionen des Klägers selbst bei Zugrundelegung nur der Mindestlaufzeit in erheblichem Umfang amortisieren würden und daher insoweit Ausgleichsansprüche ausgeschlossen sein sollten. Bei verständiger Würdigung wurde davon eine vorzeitige Vertragsbeendigung jedoch nicht erfasst. Der Vertrag war - so dem keine außerhalb der Urkunde liegenden Umstände entgegen stehen - dahin auszulegen, dass dem Kläger ein Ausgleich bei vorzeitiger Vertragsbeendigung auch unter Berücksichtigung der bis zur Vertragsbeendigung erfolgten Teilamortisation jedenfalls nicht vollständig versagt sein sollte. Ausreichende Feststellungen für eine abschließende Beurteilung sind bislang allerdings nicht getroffen worden.
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