27.09.2018

Zum Nachweis eines niedrigeren Grundstückswerts

Für den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts eines zum Vermögen einer Gesellschaft gehörenden Grundstücks reicht der Wertansatz des Grundstücks in der Bilanz der Gesellschaft nicht aus. Der Nachweis eines niedrigeren Grundstückswerts kann regelmäßig auch nicht durch Ableitung aus dem Kaufpreis für einen Gesellschaftsanteil geführt werden.

Kurzbesprechung
BFH v. 25.4. 2018 - II R 47/15

BewG § 99 Abs. 1 Nr. 1, § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 157 Abs. 1 bis 3, § 181 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 6, § 182 Abs. 3 Nr. 2, § 198

GrEStG § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3

Nach § 157 Abs. 3 Satz 1 BewG sind für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens und für Betriebsgrundstücke i.S. des § 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG die Grundbesitzwerte unter Anwendung der §§ 159 BewG und 176 bis 198 BewG zu ermitteln. Ein Geschäftsgrundstück i.S. des § 181 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 6 BewG ist gemäß § 182 Abs. 3 Nr. 2 BewG im Ertragswertverfahren (§§ 184 bis 188 BewG) zu bewerten.

Weist der Steuerpflichtige nach, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit am Bewertungsstichtag niedriger ist als der nach den §§ 182 bis 196 BewG ermittelte Wert, so ist gemäß § 198 Satz 1 BewG dieser Wert anzusetzen. Nach § 198 Satz 2 BewG gelten für den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts grundsätzlich die aufgrund des § 199 Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB) erlassenen Vorschriften.

§ 198 BewG regelt nicht, wie der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts zum maßgeblichen Bewertungsstichtag zu führen ist. Nach der Gesetzesbegründung zur Einführung der Bedarfsbewertung soll der Nachweis eines niedrigeren tatsächlichen Grundstückswerts regelmäßig durch ein Gutachten eines vereidigten Bausachverständigen oder eines Gutachterausschusses erbracht werden können. Auch ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr kurz vor dem Besteuerungszeitpunkt zustande gekommener Kaufvertrag sollte als Nachweis dienen können. Eine Glaubhaftmachung reicht dagegen nicht aus.

Der Steuerpflichtige kann den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts des Grundstücks durch Sachverständigengutachten regelmäßig nur durch ein Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken führen. Ob ein Sachverständigengutachten den geforderten Nachweis erbringt, unterliegt der freien Beweiswürdigung des FG. Der Nachweis ist erbracht, wenn dem Gutachten ohne Einschaltung bzw. Bestellung weiterer Sachverständiger gefolgt werden kann.

Ein niedrigerer gemeiner Wert kann auch durch einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zeitnah zum maßgeblichen Besteuerungsstichtag erzielten Kaufpreis für das zu bewertende Grund­stück nachgewiesen werden. Als gewöhnlicher Geschäftsverkehr ist der Handel nach den wirtschaftlichen Grundsätzen von Angebot und Nachfrage zu verstehen, bei dem die Vertragspartner ohne Zwang und nicht aus Not, sondern in Wahrung ihrer eigenen Interessen handeln.

Der BFH hat nun entschieden, dass diesen anerkannten Mitteln zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Grundstückswerts weder der Rückgriff auf Bilanzansätze noch eine Ableitung aus dem Kaufpreis für den Anteil an einer Gesellschaft gleich steht, zu deren Vermögen das Grundstück gehört.

Ein Sachverständigengutachten und ein zeitnah erzielter Kaufpreis führen dazu, dass dem FA und dem FG weitere Ermittlungen und insbesondere Beweisaufnahmen zur Feststellung des gemeinen Werts eines Grundstücks erspart bleiben. Letztlich soll ein eindeutiges Bewertungsergebnis bei vertretbarem Verwaltungsaufwand erzielt werden. Andere Beweismittel müssen diesen Vorgaben ebenfalls gerecht werden.

Der Bilanzwert allein ist jedoch weder Indiz noch Nachweis für den gemeinen Wert eines Wirtschaftsguts. Bilanzwerte gerade von Grundstücken liegen regelmäßig deutlich unter dem Verkehrswert. Der erforderliche Nachweis des gemeinen Werts eines Grundstücks ist ebenfalls nicht gegeben, wenn beim Erwerb von Gesellschaftsanteilen der gemeine Wert eines zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Grundstücks aus dem Kaufpreis für die Gesellschaftsanteile abgeleitet wird. Dies gilt insbesondere, wenn das Vermögen der Gesellschaft nicht nur aus dem zu bewertenden Grundstück besteht, sondern weitere Gegenstände (ggf. auch mit stillen Reserven) umfasst. Rechtlich und tatsächlich sind der Erwerb eines Grundstücks und der Erwerb von Anteilen einer grundbesitzenden Gesellschaft nicht gleichzusetzen.

BFH, Urteil vom 25.4.2018, II R 47/15, veröffentlicht am 26.9.2018.

Verlag Dr. Otto Schmidt