Zum Recht der Beschwerde der Angehörigen nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung
BGH v. 16.1.2019 - XII ZB 489/18Die 86-jährige Betroffene hatte ihrer Tochter, der Beteiligten zu 2), am 2.8.2010 notarielle General- und Vorsorgevollmacht erteilt, aufgrund derer die Tochter die Angelegenheiten der Betroffenen erledigt und deren Vermögen verwaltet. Von einer Pflegekraft, später auch vom Sohn der Betroffenen, wurde aufgrund von Vorwürfen gegen die Beteiligte zu 2) die Einrichtung einer Kontrollbetreuung angeregt.
Das AG lehnte dies ab, weil sämtliche gegen die Tochter erhobenen Vorwürfe ausgeräumt worden seien. Die vom Sohn eingelegte Beschwerde hatte vor dem LG ebenso wenig Erfolg wie seine vorliegende Rechtsbeschwerde vor dem BGH.
Die Gründe:
Die Beschwerdebefugnis des Sohns der Betroffenen für das Verfahren der Rechtsbeschwerde folgt zwar daraus, dass seine (Erst-)Beschwerde erfolglos geblieben ist. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet, weil das LG die Erstbeschwerde gegen den Beschluss des AG zu Recht mit der Begründung verworfen hat, dass dem Beschwerdeführer die Beschwerdebefugnis gefehlt hat.
Nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG sind im Interesse des Betroffenen u.a. dessen Abkömmlinge zur Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung befugt, wenn sie im ersten Rechtszug beteiligt worden sind. Ist ein Angehöriger erstinstanzlich nicht beteiligt worden, steht ihm kein Beschwerderecht zu, unabhängig davon, aus welchen Gründen die Beteiligung unterblieben ist. Die Hinzuziehung eines Beteiligten kann auch konkludent erfolgen, etwa durch die Ladung zu Terminen; eine nachträgliche Erlangung der Beschwerdebefugnis durch Hinzuziehung von Angehörigen nach Erlass der angefochtenen Entscheidung des AG scheidet indessen aus.
Zwar hat das AG auf Anregung einer Pflegekraft der Betroffenen ein Verfahren auf Einrichtung einer Kontrollbetreuung eingeleitet, indem es deren Eingabe der Betreuungsbehörde zwecks Sachverhaltsermittlung und Stellungnahme übersandte. Auch hat es die nachfolgende Betreuungsanregung durch den Sohn der Betroffenen an die Betreuungsbehörde "mit der Bitte um Berücksichtigung im Rahmen der Stellungnahme" übersandt. Die bloße Anregung zur Einleitung eines Verfahrens begründet für sich genommen jedoch keine Beteiligtenstellung des Anregenden. Weil das Verfahren auf Einrichtung einer Betreuung von Amts wegen zu betreiben ist, war der Beschwerdeführer auch nicht als Antragsteller i.S.d. § 7 Abs. 1 FamFG formell verfahrensbeteiligt.
Der Beschwerdeführer ist auch nicht im weiteren Verlauf des Verfahrens beteiligt worden. So wurden ihm weder die Stellungnahmen übersandt noch die Bestellung der Verfahrenspflegerin oder deren Stellungnahme zur Kenntnis gegeben. Er ist auch nicht angehört oder sonst in irgendeiner Form hinzugezogen worden, bis der angefochtene Beschluss des AG ergangen ist. Schließlich stellt die Bekanntgabe des amtsgerichtlichen Beschlusses an den Sohn keine Beteiligung i.S.d. § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG dar. Auch eine etwaige Verfahrensbeteiligung nach Erlass des amtsgerichtlichen Beschlusses vermag dem Beschwerdeführer nicht zu einer Beschwerdebefugnis nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG zu verhelfen.
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