29.07.2013

Zum Schadensersatzanspruch des Vermieters bei Verlust eines zu einer Schließanlage gehörenden Schlüssels

Der Mieter hat dem Vermieter bei Nichtrückgabe eines ihm überlassenen Schlüssels bei Vertragsende Schadensersatz zu leisten, sofern er sich hinsichtlich seines Verschuldens nicht entlasten kann. Zu ersetzen sind im Fall eines zu einer Schließanlage gehörenden Schlüssels nicht nur die erforderlichen Kosten zur Wiederherstellung des fehlenden Schlüssels, sondern darüber hinaus auch die erforderlichen Kosten zur Erneuerung der Schließanlage, und zwar unabhängig davon, ob die Schließanlage tatsächlich erneuert wird oder nicht.

LG Heidelberg 24.6.2013, 5 S 52/12
Der Sachverhalt:
Der Beklagte mietete vom Kläger im März 2010 eine Wohnung in einem in Wohnungseigentum aufgeteilten Mehrparteienhaus. Die Parteien beendeten das Mietverhältnis bereits zwei Monate später einvernehmlich. Bei Mietende gab der Beklagte dem Kläger einen Wohnungsschlüssel zurück. Der Kläger behauptet, er habe dem Beklagten bei Mietbeginn zwei Wohnungsschlüssel übergeben. Die Verwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft verlangte daraufhin vom Kläger rd. 1.500 € (alle Zahlen gerundet) für den Austausch der Schließanlage des Anwesens, die der Kläger bislang nicht beglichen hat. Die Schließanlage wurde bis jetzt nicht ausgetauscht.

Der Kläger trug vor, bei den zu Mietbeginn übergebenen Wohnungsschlüsseln hab es sich um Schlüssel einer Schließanlage gehandelt, die nicht nur zur Abschlusstür der Wohnung selbst, sondern auch zur Haustür und zur Tür des Kellerzuganges gepasst hätten. Zum Ausschluss der Gefahr, dass sich Unbefugte mit dem fehlenden Schlüssel Zutritt verschafften, müssten sämtliche 24 Zylinder der Schließanlage nebst jeweils zugehöriger Schlüssel ausgetauscht werden. Unter Berufung hierauf machte der Kläger gegen den Beklagten vorgerichtlich 1.500 € geltend; von diesem Betrag zog er ein Kautionsguthaben des Beklagten i.H.v. 500 € ab. Gegen die Nichtauszahlung dieses Guthabens wendet sich der Beklagte in einem anderen Rechtsstreit.

Nachdem der im vorliegenden Rechtsstreit vom AG bestellte Sachverständige Kosten für den notwendigen Austausch von Zylindern und Schlüsseln i.H.v. 1.700 € ermittelt hat und der Kläger zudem gemeint hat, ihm stehe ein weiterer Anspruch für Kosten der Demontage und Montage sowie für die An- und Abfahrt des Handwerkers i.H.v. 140 € zu, erhöhte er die Klage von ursprünglich 1.000 auf 1.340 €. Die Zahlung dieses Betrages begehrte er zuletzt nicht mehr an sich selbst, sondern an die Eigentümergemeinschaft des Anwesens. Der Beklagte beantragte Klageabweisung und bestritt, bei Mietbeginn mehr als einen Wohnungsschlüssel erhalten zu haben.

Das AG gab der Klage im Wesentlichen statt. Die Berufung des Beklagten hatte vor dem LG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.

Die Gründe:
Der klagegegenständliche Schadensersatzanspruch folgt aus §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 2, 257 BGB.

Der Beklagte hat durch die Nichtrückgabe eines der ihm vom Kläger überlassenen Schlüssel seine Obhuts- und Rückgabepflicht (§ 546 Abs. 1 BGB) verletzt, die sich auch auf mitvermietetes Zubehör der Mietsache erstreckt. Hierzu gehört der vom Kläger vermisste Schlüssel. Die Beweiswürdigung des AG, nach der feststehe, dass der Beklagte zwei Wohnungsschlüssel erhalten habe, begegnet keinen Bedenken. Diese Vertragsverletzung ist vom Beklagten auch zu vertreten. Umstände, die die dahingehende gesetzliche Vermutung widerlegten (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB), sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Dem Kläger ist in Gestalt der Inanspruchnahme durch die Wohnungseigentümergemeinschaft, der gegenüber der Beklagte Erfüllungsgehilfe im Rahmen der den Kläger als Miteigentümer treffenden Schutzpflichten hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums ist (§§ 241 Abs. 2, 278 BGB), auch ein Schaden entstanden. Diese Verbindlichkeit umfasst über die Wiederherstellung des fehlenden Schlüssels hinaus auch die Kosten der Erneuerung der Schließanlage in dem von dem gerichtlichen Sachverständigen für erforderlich gehaltenen Umfang. Die Erwägung, dass sich die Funktion der Schließanlage auf das Auf- und Zusperren der von ihr umfassten Schlösser mit den verfügbaren Schlüsseln beschränkt und der Substanzschaden folglich durch die Wiederherstellung des fehlenden Schlüssels behoben ist, überzeugt nicht.

Darauf, dass die Schließanlage bislang noch nicht ausgetauscht ist, kommt es dabei nicht an. Denn soweit der Vermieter den Austausch unterlässt, handelt er auf eigenes Risiko. Dann steht dem Gewinn der "abstrakt" liquidierten Schadensersatzsumme der materielle Verlust gegenüber, der sich im Falle der Verwirklichung der Missbrauchsgefahr durch Diebstahl oder Vandalismus Dritter niederschlägt, ohne dass diese Folgeschäden der ursprünglichen Pflichtverletzung des Mieters noch haftungsrechtlich zurechenbar und von diesem zu ersetzen wären. Das Verhalten des Vermieters ist insoweit auch nicht treuwidrig.

Auf den in diesem Sinne zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag hat sich die Eigentümergemeinschaft und damit auch der Kläger im Verhältnis zum Beklagten zwar einen Abzug "neu für alt" anrechnen lassen. Die konkrete Höhe dieses Abzugs führt jedoch nicht zu einem Unterschreiten des berufungsgegenständlichen Schadensersatzbetrages.

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