Zum schutzwürdigen Eigeninteresse bei gewillkürter Prozessstandschaft
BGH 10.6.2016, V ZR 125/15Die Klägerin und der Beklagte führen unabhängig voneinander Altkleidersammlungen durch, indem sie öffentlich zugängliche Sammelcontainer für Kleiderspenden aufstellen. Der Beklagte hatte auf drei Grundstücken Altkleidercontainer aufgestellt, ohne zuvor eine Genehmigung der jeweiligen Eigentümer eingeholt zu haben. Die Klägerin verlangte daraufhin im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft von ihm, das Aufstellen von Altkleidercontainern auf den Grundstücken zu unterlassen. Sie wurde hierzu von den Grundstückseigentümern ermächtigt.
LG und OLG gaben der Klage statt. Auf die Revision des Beklagten hob der BGH die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Die Klage war unzulässig, da die Klägerin nicht prozessführungsbefugt war (§ 51 ZPO).
Macht eine Partei den Unterlassungsanspruch eines Grundstückseigentümers aus § 1004 BGB bzw. aus § 862 BGB im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend, muss sich das schutzwürdige Eigeninteresse auf die Beseitigung der Beeinträchtigung des Eigentums bzw. des Besitzes an dem Grundstück beziehen. Der Klägerin fehlte das erforderliche schutzwürdige Eigeninteresse. Es ergab sich, anders als das Berufungsgericht meinte, nicht daraus, dass die Parteien Konkurrenten auf dem Altkleidersammelmarkt sind und die Altkleidercontainer des Beklagten mit denjenigen der Klägerin verwechselt werden können. Etwaige Wettbewerbsverstöße der Beklagten konnten das schutzwürdige Interesse eben nicht begründen.
Anders wäre es, wenn die Klägerin aufgrund einer Nutzungsvereinbarung mit den Grundstückseigentümern berechtigt wäre, (künftig) eigene Altkleidercontainer aufzustellen. Dann bestünde zwischen ihnen eine Rechtsbeziehung, aus der ein Interesse der Klägerin abgeleitet werden könnte, die Grundstücke von den störenden Altkleidercontainern des Beklagten frei zu machen. Ein Vortrag zu einer solchen Nutzungsvereinbarung war hier allerdings nicht aufgezeigt.
Zwar kann das schutzwürdige Eigeninteresse auch darin bestehen, dass der Prozessstandschafter wegen größerer Sachnähe den Rechtsstreit besser als der Gläubiger führen kann. Das Interesse an einer wirtschaftlichen und technisch erleichterten Prozessführung allein ist dafür jedoch nicht ausreichend. Die Sachnähe muss vielmehr zu dem geltend gemachten Recht bestehen. Wie bereits dargelegt, fehlte es hier aber daran.
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