27.09.2016

Zum Umfang der Verkehrssicherungspflicht auf einem SB-Tankstellengelände zur Nachtzeit

Wird eine SB-Tankstelle ab 22 Uhr abends mit einem Nachtschalter so betrieben, dass das Bedienungspersonal um Mitternacht einen Schichtwechsel vollzieht, genügt ein vor dem Schichtwechsel durchgeführter Kontrollgang, um Gegenstände, über die Kunden stürzen könnten, vom Boden des Tankstellengeländes zu entfernen. Mit einer dementsprechenden Anweisung zur Kontrolle und zur Beseitigung von Verunreinigungen kann ein Tankstellenbetreiber seine nächtliche Verkehrssicherungspflicht erfüllen.

OLG Hamm 23.8.2016, 7 U 17/16
Der Sachverhalt:
Die Klägerin betankte ihr Fahrzeug in einer Nacht im Mai 2014 an einer SB-Tankstelle. Die im Eigentum der Beklagten stehende Tankstelle wurde ab 22 Uhr abends mit einem Nachtschalter betrieben. Um Mitternacht wechselte das für die Bedienung vorgesehene Personal. Nachdem die Klägerin ihren Tankvorgang kurz nach Mitternacht beendet hatte, stürzte sie auf dem Weg vom Nachtschalter zu ihrem Fahrzeug. Dabei zog sie sich eine Oberarmfraktur zu, die operativ versorgt werden musste.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz, u.a. rd. 35.000 € materiellen Schadensersatz und ein Schmerzensgeld i.H.v. 20.000 €. Sie behauptet, eine auf dem Tankstellengelände herumliegende schwarze Plastikschlaufe eines Paketbinders habe ihren Sturz verursacht.

Das LG wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Dir Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Es war keine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten festzustellen.

Es ist insbesondere zweifelhaft geblieben, ob an der Unfallstelle - wie von der Klägerin behauptet - ein schwarzer Paketbinder in Form einer Schlaufe am Boden gelegen hat, in der sich die Klägerin mit ihrem Fuß verfangen hat und dann gestürzt ist. Der Paketbinder wurde von einer Zeugin erstmals zufällig im Krankenhaus am Knöchel des linken Fußes der Klägerin bemerkt. Keiner der beim Unfallgeschehen Anwesenden hat ihn nach dem Sturz auf dem Tankstellengelände wahrgenommen.

Eine Haftung der Beklagten scheidet vorliegend jedenfalls deswegen aus, weil sie in Bezug auf einen am Boden liegenden schwarzen Paketbinder als mögliche Gefahrenquelle die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht erfüllt hat. Dies wurde im Prozess nachgewiesen. Die SB-Tankstelle wurde ab 22 Uhr abends - auch aus Sicherheitsgründen - mit einem Nachtschalter betrieben. Deswegen durfte ein Kunde nicht damit rechnen, dass sich durchgängig Personal außerhalb des Verkaufsraums auf dem Tankstellengelände aufhält. Während des eingeschränkten Nachtbetriebes war es erforderlich und ausreichend, vor dem Schichtwechsel zur um Mitternacht beginnenden Nachtschicht ein Kontrollgang über das Tankstellengelände durchzuführen, um mögliche Verunreinigungen festzustellen und zu beseitigen.

Bis zum Unfallzeitpunkt kurz nach Mitternacht bedurfte es dann keines weiteren Kontrollganges. Eine derartige Kontrolle hat die für die Nachtschicht zuständige Bedienung am Unfalltag durchgeführt, ohne einen schwarzen Paketbinder auf dem Boden vorzufinden. Regelmäßige Kontrollgänge dieser Art durch das Tankstellenpersonal wurden von der Beklagten konkret angewiesen und auch kontrolliert. Das hat die Beweisaufnahme ergeben. Damit hat die Beklagte der ihr insoweit obliegenden Verkehrssicherungspflicht genügt.

Linkhinweis:

OLG Hamm PM vom 27.9.2016
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