03.11.2011

Zum Umfang des Insolvenzschutzes bei Pauschalreisen

Ein Reisender, zu dessen Gunsten ein Reisepreisversicherungsvertrag gem. § 651k BGB abgeschlossen worden ist, ist damit auch gegen das Risiko absichert, dass nach einer Absage der Reise durch den Reiseveranstalter sein Anspruch auf Rückzahlung des vorausbezahlten Reisepreises aufgrund der Insolvenz des Reiseveranstalters nicht mehr realisiert werden kann. Eine Kausalität der Insolvenz für den Reiseausfall muss dabei nicht bestehen.

BGH 2.11.2011, X ZR 43/11 u.a.
Der Sachverhalt:
Die Kläger buchten Anfang 2009 über einen Reiseveranstalter eine Kreuzfahrt, die Anfang 2010 hätte stattfinden sollen. Nachdem sie von dem beklagten Versicherer einen "Sicherungsschein für Pauschalreisen gem. § 651k BGB" erhalten hatten, überwiesen sie jeweils über 7.400 € an den Reiseveranstalter. Anfang August 2009 teilte der Reiseveranstalter den Klägern mit, dass die Reise mangels Nachfrage nicht stattfinde. Bereits einen Monat später wurde durch das Insolvenzgericht die vorläufige Verwaltung des Vermögens des Reiseveranstalters angeordnet, Anfang Dezember 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Zur Rückzahlung des Reisepreises durch den Reiseveranstalter kam es nicht mehr.

Der beklagte Versicherer lehnt eine Erstattung jedoch ab. Die Reise sei nicht aufgrund der Insolvenz des Reiseveranstalters ausgefallen, sondern weil sie von diesem mangels Nachfrage abgesagt worden sei. Das Risiko, dass der dadurch ausgelöste Rückzahlungsanspruch wegen Insolvenz des Reiseveranstalters nicht mehr realisiert werden könne, werde vom Wortlaut des Sicherungsscheins, der der gesetzlichen Formulierung in § 651k BGB folge, nicht erfasst. Ferner treffe die Kläger ein Mitverschulden, weil sie den Reisepreis bereits ein Jahr vor Beginn der Reise beglichen hätten, ohne dass sie hierzu verpflichtet gewesen seien.

LG und OLG gaben den auf Erstattung des Reisepreises gerichteten Klagen statt. Die hiergegen gerichteten Revisionen des Versicherers hatten vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Ein Reisender, zu dessen Gunsten ein Reisepreisversicherungsvertrag gem. § 651k BGB abgeschlossen worden ist, ist damit - so der BGH - auch gegen das Risiko absichert, dass nach einer Absage der Reise durch den Reiseveranstalter sein Anspruch auf Rückzahlung des vorausbezahlten Reisepreises aufgrund der Insolvenz des Reiseveranstalters nicht mehr realisiert werden kann. § 651k BGB ist auch auf diese Fallgestaltung anzuwenden, weil der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben aus Art. 7 der Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13.6.1990 über Pauschalreisen vollständig umsetzen wollte.

Art. 7 der Richtlinie erfasst eindeutig auch den vorliegenden Fall, weil die Richtlinie vorschreibt, dass der Reiseveranstalter für den Fall seiner Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz die Erstattung gezahlter Beträge und die Rückreise des Verbrauchers sicherzustellen hat. Eine Kausalität der Insolvenz für den Reiseausfall muss daher weder nach europäischen noch nach deutschem Recht bestehen. Es reicht vielmehr aus, dass dem Reisenden infolge der Insolvenz vom Veranstalter der vorausgezahlte Preis für die ausgefallene Reise nicht erstattet werden kann und der insolvente Reiseveranstalter naturgemäß auch zur Durchführung der Reise nicht mehr in der Lage ist.

In diesem Sinne waren vorliegend auch die zu Gunsten der Kläger abgeschlossenen Reisepreisversicherungsverträge zwischen dem Reiseveranstalter und dem beklagten Versicherer auszulegen, weil sie in ihren allgemeinen Versicherungsbedingungen auf die gesetzliche Regelung Bezug nehmen. Eine Vorlage an den EuGH zur Auslegung der Pauschalreise-Richtlinie war im Übrigen wegen des klaren Wortlauts des Art. 7 und der bereits ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht notwendig.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 173 vom 2.11.2011
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