03.11.2016

Zum Umgangsrecht des biologischen Vaters nach der gesetzlichen Neuregelung

Die beharrliche Weigerung der rechtlichen Eltern, einen Umgang ihres Kindes mit seinem leiblichen Vater zuzulassen, allein genügt nicht, um ein Umgangsrecht abzulehnen. Ist einziger Grund für das Scheitern des Umgangs die ablehnende Haltung der rechtlichen Eltern und die damit einhergehende Befürchtung, dass diese mit einer Umgangsregelung psychisch überfordert wären und dadurch mittelbar das Kindeswohl beeinträchtigt wäre, sind zudem strenge Anforderungen an die entsprechenden Feststellungen zu stellen.

BGH 5.10.2016, XII ZB 280/15
Der Sachverhalt:
Aus der Beziehung des aus Nigeria stammenden Antragstellers mit einer verheirateten Frau sind die Ende 2005 geborenen Zwillinge hervorgegangen. Die Mutter lebt bereits seit August 2005 wieder mit ihrem Ehemann und den Kindern zusammen, darunter auch die im Jahr 1996, 1998 und 2000 geborenen, gemeinsamen Kinder der Eheleute. Der mittlerweile in Spanien lebende Antragsteller hatte seit der Geburt der Zwillinge Umgang mit ihnen begehrt, was die Mutter und ihr Ehemann wiederholt ablehnten.

Im Januar 2006 leitete der Antragsteller das erste Umgangsrechtsverfahren ein. Nachdem das Familiengericht Umgangskontakte angeordnet hatte, hob das OLG diese Entscheidung auf, weil ein Umgangsrecht des biologischen Vaters, der nicht in einer sozial-familiären Beziehung zu dem Kind stehe oder gestanden habe, nicht vorgesehen sei. Die Verfassungsbeschwerde des Antragstellers blieb erfolglos.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellte allerdings mit Urteil vom 21.12.2010 (FamRZ 2011, 269) fest, dass die Versagung jeglichen Umgangs ohne eine Prüfung der Frage, ob ein solcher Umgang dem Kindeswohl dienlich wäre, eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstelle. Daraufhin beantragte der Antragsteller im März 2011 erneut eine Umgangsregelung. Während das AG wiederum einen monatlichen, begleiteten Umgang angeordnet hatte, wies das OLG den Umgangsrechtsantrag auf Beschwerde der rechtlichen Eltern zurück. Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers hat der BGH den Beschluss des OLG aufgehoben und die Sache zur weiteren Behandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Gründe:
Solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht - hier des Ehemanns, der die rechtliche Vaterschaft gem. § 1592 Nr. 1 BGB erlangt hat, weil er zum Zeitpunkt der Geburt der Zwillinge mit der Mutter verheiratet war - hat der leibliche Vater, der ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt hat, gem. § 1686a Abs. 1 Nr. 1 BGB ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn der Umgang dem Kindeswohl dient. Diese Neuregelung ist mit Wirkung vom 13.7.2013 in das BGB eingefügt worden. Grund hierfür war die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zuvor u.a. auch in dem den Antragsteller betreffenden Verfahren festgestellte Verletzung von Art. 8 EMRK.

Die Entscheidung des OLG beruhte insbesondere auf unzureichenden Ermittlungen. Dies folgte bereits daraus, dass die Eltern sich geweigert hatten, die Kinder über ihre wahre Abstammung zu unterrichten, die Sachverständigen den Kindern deshalb vortäuschten, das Gutachten im Rahmen der Zwillingsforschung zu erstellen und die Gerichte die zum Zeitpunkt der Begutachtung bereits neun Jahre alten Kinder nicht angehört hatten.

Insofern ist nicht nur das Familiengrundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG, sondern auch das von Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG geschützte Elternrecht, über die Information des Kindes hinsichtlich seiner wahren Abstammung zu bestimmen, grundsätzlich in den Fällen eingeschränkt, in denen der leibliche Vater ein Umgangsrecht nach § 1686a BGB begehrt. Das Kind ist vor einer Anhörung bzw. einer etwaigen Begutachtung bei entsprechender Reife über seine wahre Abstammung zu unterrichten, sofern ein Umgang nicht bereits aus anderen, nicht unmittelbar das Kind betreffenden Gründen ausscheidet.

Weigern sich die rechtlichen Eltern, dies selbst zu tun, steht es im Ermessen des Tatrichters, in welcher Art und Weise er für eine entsprechende Information des Kindes Sorge trägt. Ist einziger Grund für das Scheitern des Umgangs die ablehnende Haltung der rechtlichen Eltern und die damit einhergehende Befürchtung, dass diese mit einer Umgangsregelung psychisch überfordert wären und dadurch mittelbar das Kindeswohl beeinträchtigt wäre, sind zudem strenge Anforderungen an die entsprechenden Feststellungen zu stellen.

Überschreitet der Sachverständige seine Befugnisse, etwa wenn er selbständig Beweise würdigt und nicht vorgegebene Anknüpfungstatsachen zugrunde legt, oder zieht der Sachverständige bei Ermittlungen nur eine Partei hinzu, kann das die Besorgnis der Befangenheit gem. § 30 FamFG i.V.m. § 406 ZPO begründen. Gemessen hieran hätte das OLG den Beweiswert des Sachverständigengutachtens hinterfragen müssen,

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BGH PM Nr. 194 vom 3.11.2016