10.12.2014

Zur Abrechnung von Warmwasserkosten bei hohem Wohnungsleerstand

Die strikte Anwendung der Vorgaben der HeizkostenV kann bei hohen Leerständen in Einzelfällen zu derartigen Verwerfungen führen, dass eine angemessene und als gerecht empfundene Kostenverteilung nicht mehr gegeben ist. Ob eine Anspruchskürzung geboten ist, um die beiderseitigen Interessen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen, obliegt grundsätzlich der Beurteilung des Tatrichters.

BGH 10.12.2014, VIII ZR 9/14
Der Sachverhalt:
Die Beklagte hatte in einem 28-Familien-Haus eine Wohnung der klagenden Wohnungsbaugenossenschaft angemietet. Da das Haus im Rahmen der Stadtplanung abgerissen werden sollte, waren Ende 2011 nur noch wenige Wohnungen belegt. Der erhebliche Wohnungsleerstand hatte zur Folge, dass die für eine große Leistung und viele Wohnungen ausgelegte Heizungs- und Warmwasseranlage gemessen an dem geringen Verbrauch der wenigen verbliebenen Mieter nicht mehr kostengünstig arbeitete.

Die Klägerin legte von den im Abrechnungsjahr 2011 angefallenen Warmwasserkosten i.H.v. 7.848 € 50 % nach Wohnflächenanteilen um, 50 % der Kosten berechnete sie nach dem Verbrauch. Von dem Gesamtverbrauch im Gebäude (78,220 m³) entfielen 23,820 m³ auf die Beklagte. Daraus errechnete die Klägerin einen Verbrauchskostenanteil von rund 1.195 €. Hiervon stellte sie der Beklagten "aus Kulanz" allerdings lediglich die Hälfte in Rechnung. Die Beklagte weigerte sich allerdings, Nachzahlungen zu erbringen. Sie war der Ansicht, die Klägerin habe die Warmwasserkosten aufgrund des hohen Leerstandes im Haus nicht nach Verbrauch, sondern ausschließlich nach der Wohnfläche umlegen dürfen.

Das AG gab der auf Zahlung der Betriebskostennachforderung gerichtete Klage überwiegend statt; das LG wies sie insgesamt ab. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hatte Erfolg.

Die Gründe:
Die von der Klägerin vorgenommene Berechnung auf Grundlage von § 8 Abs. 1 HeizkostenV war aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Denn auch bei hohen Leerständen bleibt es grundsätzlich bei der gesetzlich vorgegebenen Abrechnung, wonach die Kosten zu mindestens 50 % nach Verbrauch umzulegen sind.

Entgegen der Auffassung des LG kam eine analoge Anwendung von § 9a HeizkostenV nicht in Betracht, da die in § 9a HeizkostenV geregelten Fälle, in denen aus zwingenden technischen Gründen eine Verbrauchserfassung nicht möglich ist, waren mit dem hier in Rede stehenden Fall einer jetzt unwirtschaftlich arbeitenden Heizungsanlage nicht vergleichbar. Allerdings kann die strikte Anwendung der Vorgaben der HeizkostenV bei hohen Leerständen in Einzelfällen zu derartigen Verwerfungen führen, dass eine angemessene und als gerecht empfundene Kostenverteilung nicht mehr gegeben ist.

Diesen Fällen kann mit einer aus dem Prinzip von Treu und Glauben gem. § 242 BGB abzuleitenden Anspruchsbegrenzung Rechnung getragen werden. Ob eine solche Anspruchskürzung geboten ist, um die beiderseitigen Interessen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen, obliegt grundsätzlich der Beurteilung des Tatrichters. Im vorliegenden Fall konnte der Senat die Beurteilung selbst vornehmen, da keine weiteren tatsächlichen Feststellungen zu treffen waren. Insofern war zu berücksichtigen, dass die Klägerin in Anwendung von § 8 Abs. 1 HeizkostenV bereits den für die Beklagte günstigsten Maßstab (50 %) gewählt hatte und von dem sich so ergebenden Betrag lediglich die Hälfte geltend machte, so dass sich für die knapp 50 qm große Wohnung der Beklagten für Heizung und Warmwasser ein zwar hoher, aber nicht völlig untragbar erscheinender Betrag von rund 1.450 € ergab.

Auf der anderen Seite hatte auch die Klägerin - ohne für die leerstehenden Wohnungen Mieteinnahmen zu erhalten - schon über den Wohnflächenanteil - beträchtliche Kosten zu tragen und musste es insoweit ihrerseits ebenfalls hinnehmen, dass die angesichts des Leerstandes unwirtschaftliche Heizungsanlage erhebliche Mehrkosten verursachte. Insgesamt erschien es daher nicht unangemessen, dass auch die Mieter einen nicht ganz unerheblichen Teil der leerstandsbedingten Mehrkosten zu tragen hatten. Eine weitere Anspruchskürzung über den von der Klägerin bereits freiwillig abgezogenen Betrag hinaus war deshalb auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht geboten.

Linkhinweise:

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BGH PM Nr. 184 vom 10.12.2014