12.07.2011

Zur Änderung eines Kostenverteilungsschlüssels aufgrund einer in der Teilungserklärung enthaltenen Öffnungsklausel

Mit der Novellierung des Wohnungseigentumsrechts ist den Wohnungseigentümern bei der Änderung oder der Durchbrechung von Umlageschlüsseln aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt worden. Das gilt auch für die Verteilung von Instandsetzungskosten, bei der den Wohnungseigentümern ebenfalls ein nur eingeschränkt überprüfbares Gestaltungsermessen zusteht.

BGH 10.6.2011, V ZR 2/10
Der Sachverhalt:
Die Parteien gehören einer Wohnungseigentümergemeinschaft an. Die Wohnungseigentumsanlage besteht aus 97 Eigentumswohnungen und einer Teileigentumseinheit. Laut Teilungserklärung gehören zu den Betriebskosten u.a. die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung, soweit diese den Wohnungseigentümern obliegen. Danach bemißt sich der Kostenverteilungsschlüssel nach dem Verhältnis der im Grundbuch einzutragenden Miteigentumsanteile. Allerdings können die Eigentümer mit 2/3 Mehrheit einen anderen Kostenverteilungsschlüssel beschließen.

Die Wohnungseigentümer hatten den Austausch der Außenfenster in eigener Regie und auf eigene Kosten vorgenommen. Allerdings wurde die auf der Eigentümerversammlung im Mai 2003 zur Legitimierung dieses Vorgehens beschlossene Regelung rechtskräftig für ungültig erklärt. Auf der Eigentümerversammlung im Mai 2008 fassten die Wohnungseigentümer "in Ausübung der Öffnungsklausel" den Beschluss, den Kostenverteilungsschlüssel zu ändern. Danach sollten mit sofortiger Wirkung die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung der Außenfenster und Balkontüren von demjenigen getragen werden, der Eigentümer der jeweiligen Wohnung ist, zu diese gehören. Der Beschluss wurde mit 49 Ja- und 3-Neinstimmen bei 1 Enthaltung gefasst.

Das AG wies die gegen den Beschluss erhobene Klage ab; das LG erklärte den Beschluss für ungültig. Die Revision der Beklagten blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Das LG hatte den angefochtenen Beschluss zumindest im Ergebnis zu Recht für ungültig erklärt.

Mit der Novellierung des Wohnungseigentumsrechts ist den Wohnungseigentümern bei der Änderung oder der Durchbrechung von Umlageschlüsseln aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt worden. Das gilt auch für die Verteilung von Instandsetzungskosten, bei der den Wohnungseigentümern ebenfalls ein nur eingeschränkt überprüfbares Gestaltungsermessen zusteht. Der BGH hat bereits entschieden, dass nur noch das "Ob" und das "Wie" der Änderung nicht willkürlich sein dürfen und dass es sich hierbei um einen rechtlichen Gesichtspunkt handelt, der bei der Beantwortung der Frage zu berücksichtigen ist, ob die beschlossene Änderung den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht (Urt. v. 1.4.2011, Az.: V ZR 162/10).

Da die gesetzlichen Öffnungsklauseln nach § 16 Abs. 3 u. 4 WEG auch bei der Änderung von Verteilungsschlüsseln anwendbar sind, die vor dem Inkrafttreten der genannten Regelungen getroffen wurden, strahlt die von dem Gesetzgeber intendierte Erweiterung des Gestaltungsspielraums auch auf Öffnungsklauseln aus, die unter der Geltung des früheren Rechts vereinbart oder in eine Teilungserklärung aufgenommen wurden. Das hatte das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet.

Letztlich brauchte jedoch die Frage, ob sich die Neuregelung innerhalb des eingeräumten Gestaltungsspielraumes hielt, nicht entschieden zu werden, weil die für eine Abänderung des Schlüssels notwendige Mehrheit nicht erreicht worden war. Denn die Abänderung erforderte laut Teilungserklärung eine 2/3-Mehrheit aller und nicht nur der in der Versammlung anwesenden Wohnungseigentümer. Dieses Quorum war hier schon deshalb nicht erreicht, weil der Änderung nur 49 Wohnungseigentümer zugestimmt hatten, die Wohnungseigentümergemeinschaft aber aus 97 Eigentumswohnungen und einer Teileigentumseinheit besteht.

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