21.10.2016

Zur Anwendung des § 727 ZPO auf Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse zur Pfändung von Geldforderungen des Schuldners gegen den Drittschuldner

§ 727 ZPO ist auf Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, mit denen Geldforderungen des Schuldners gegen den Drittschuldner gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen werden, weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden.

BGH 21.9.2016, VII ZB 45/15
Der Sachverhalt:
Die Gläubigerin ist auf Grund einer im Mai 2012 getroffenen Abtretungsvereinbarung mit der D-GmbH & Co. KG (Zedentin) Inhaberin der dieser gegen den Schuldner zustehenden Forderungen aus einem Vergleich vor dem AG W. vom 28.2.1996 und einem Kostenfestsetzungsbeschluss desselben Gerichts vom 17.7.1996. Hinsichtlich dieser Titel wurden der Gläubigerin auf ihren Antrag hin vollstreckbare Ausfertigungen als Rechtsnachfolgerin erteilt.

Die Zedentin hatte gegen den Schuldner am 20.2.2009 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirkt, mit dem die Forderung des Schuldners gegen die Drittschuldnerin gepfändet und der Zedentin zur Einziehung überwiesen worden ist. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde dem Schuldner am 25.3.2009 zugestellt.

Mit Antrag vom 5.2.2015 begehrte die Gläubigerin soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse die Berichtigung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 20.2.2009 hinsichtlich der Gläubigerbezeichnung und hilfsweise die Umschreibung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auf sie als Rechtsnachfolgerin.

Das AG wies den Antrag der Gläubigerin zurück. Ihre dagegen gerichtete sofortige Beschwerde blieb vor dem LG ebenso ohne Erfolg, wie ihre vorliegende Rechtsbeschwerde vor dem BGH

Die Gründe:
Das LG hat eine Umschreibung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des AG W. vom 20.2.2009 auf die Gläubigerin als Rechtsnachfolgerin der darin bezeichneten Zedentin zu Recht abgelehnt. § 727 ZPO ist auf Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, mit denen Geldforderungen des Schuldners gegen den Drittschuldner gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen werden, weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden.

Die Pfändung einer Geldforderung des Schuldners wird nach § 829 Abs. 1, Abs. 3 ZPO durch Zustellung eines Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner bewirkt, mit dem diesem verboten wird, an den Schuldner zu zahlen, und mit dem an den Schuldner das Gebot erlassen wird, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten. Der Gläubiger erwirbt durch den Pfändungsbeschluss ein Pfandrecht an der gepfändeten Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner, soweit diese tatsächlich besteht. Tritt der Gläubiger anschließend die zugrunde liegende titulierte Forderung an einen Dritten ab, geht das durch den Pfändungsbeschluss begründete Pfändungspfandrecht (§ 804 Abs. 1 ZPO) nach § 401 Abs. 1 BGB auf den Zessionar über. Einer Umschreibung des Pfändungsbeschlusses auf diesen bedarf es nicht.

§ 727 ZPO, der die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils für den Rechtsnachfolger regelt, ist auf Pfändungsbeschlüsse, mit denen ein Pfandrecht an einer Geldforderung des Schuldners gegen den Drittschuldner begründet wird, weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden. Bei dem Pfändungsbeschluss nach § 829 Abs. 1 ZPO handelt es sich, wie das LG zutreffend ausführt, um eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung und nicht um einen Vollstreckungstitel. Eine entsprechende Anwendung des § 727 ZPO kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil keine planwidrige gesetzliche Regelungslücke besteht. Der Zessionar kann die Rechtsnachfolge sowie den Übergang des durch den Pfändungsbeschluss begründeten Pfandrechts nach § 401 Abs. 1 BGB dem Drittschuldner gegenüber in diesem Fall ohne weiteres durch Vorlage der ihm nach § 727 ZPO für den zugrunde liegenden Urteilstitel zu erteilenden Rechtsnachfolgeklausel, durch Vorlage der Abtretungsurkunde oder in anderer geeigneter Weise nachweisen.

Eine Umschreibung des nach § 835 Abs. 1 BGB zu erlassenden Überweisungsbeschlusses nach § 727 ZPO kommt ebenfalls nicht in Betracht. Gem. § 835 Abs. 1 ZPO ist die gepfändete Forderung dem Gläubiger nach seiner Wahl zur Einziehung oder an Zahlungs statt zum Nennwert zu überweisen. Die Überweisung wird gem. § 835 Abs. 3 S. 1, § 829 Abs. 3 ZPO ebenfalls mit Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner wirksam. Die Überweisung ersetzt nach § 836 Abs. 1 ZPO die förmlichen Erklärungen des Schuldners, von denen nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Berechtigung zur Einziehung der Forderung abhängig ist.

Wird die zugrunde liegende titulierte Forderung des Gläubigers anschließend abgetreten, erwirbt der Zessionar mit der Forderung auch das durch den Überweisungsbeschluss zugunsten des Zedenten als Pfandgläubiger begründete Einziehungsrecht an der gepfändeten Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner. Das durch die Überweisung begründete Einziehungsrecht des Zedenten ist Ausfluss des ihm infolge der Pfändung zustehenden Pfandrechts und geht ebenso wie dieses nach § 401 Abs. 1 BGB mit der Abtretung der Forderung auf den Zessionar über. Die Überweisung der Forderung zur Einziehung nach § 835 Abs. 1 BGB entspricht der Form der Verwertung rechtsgeschäftlich verpfändeter Forderungen. Der Forderungspfandgläubiger ist nach Eintritt der Pfandreife gem. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB zur Einziehung der Forderung gegenüber dem Schuldner berechtigt.

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