25.09.2014

Zur Ausgangskontrolle bei der Telefaxversendung von fristgebundenen Schriftsätzen

Der Rechtsanwalt genügt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige Gericht übermittelt worden ist. Die Kontrolle des Sendeberichts darf sich grundsätzlich nicht darauf beschränken, die auf diesem ausgedruckte Faxnummer mit der zuvor aufgeschriebenen Faxnummer zu vergleichen, sondern der Abgleich hat anhand eines zuverlässigen Verzeichnisses oder einer anderen geeigneten Quelle zu erfolgen.

BGH 27.4.2014, XII ZB 255/14
Der Sachverhalt:
Das AG verpflichtete den Antragsgegner durch Beschluss vom 28.10.2013, an die Antragstellerin rückständigen und laufenden Trennungsunterhalt zu zahlen. Gegen den am 30.10.2013 zugestellten Beschluss legte der Antragsgegner am 2.12.2013 (Montag) Beschwerde ein. Der an das OLG adressierte Beschwerdebegründungsschriftsatz vom 30.12.2013 wurde am gleichen Tage um 16:06 Uhr an das AG gefaxt. Das Original dieses Schriftsatzes ging am 31.12.2013, der von dem AG weitergeleitete Telefaxausdruck am 7.1.2014 bei der gemeinsamen Annahmestelle der Hamburger Justizbehörden ein.

Auf den vom OLG erteilten Hinweis auf die Fristversäumung beantragte der Antragsgegner durch Schriftsatz vom 31.1.2014 mit folgender Begründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist:

Die Beschwerdebegründung sei versehentlich an das AG gefaxt worden. Mit der Überwachung des Fristablaufes und der Sicherstellung der rechtzeitigen Übermittlung des Schriftsatzes sei in der Kanzlei der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners die langjährig beschäftigte und äußerst zuverlässige Mitarbeiterin G betraut worden. Der zuvor diktierte Beschwerdebegründungsschriftsatz sei an diesem Tag von G geschrieben und korrekt an das OLG adressiert worden. Die Verfahrensbevollmächtigte habe den ihr vorgelegten Schriftsatz auf inhaltliche Richtigkeit und korrekte Adressenangabe überprüft. Bei der Auswahl der auf dem Schriftsatz vermerkten Telefaxnummer sei G ein bislang noch nie vorgekommener Fehler unterlaufen, weil sie versehentlich die Telefaxnummer des AG "aus dem PC gezogen" habe. Der Sendebericht sei darauf kontrolliert worden, ob sämtliche Seiten korrekt übermittelt worden seien, was der Fall gewesen sei. Der Sendebericht sei daraufhin in der Handakte abgeheftet und der Originalschriftsatz zur Post gegeben worden.

Das OLG versagte die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und verwarf die Beschwerde des Antragsgegners. Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Beschwerdebegründung ist erst am 31.12.2013 und damit nach Ablauf der am 30.12.2013 endenden Frist zur Begründung der Beschwerde bei dem OLG eingegangen. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor, denn der Antragsgegner hat die Beschwerdebegründungsfrist nicht unverschuldet versäumt. Das OLG hat zutreffend erkannt, dass das Versäumnis jedenfalls auf einem Organisationsverschulden seiner Verfahrensbevollmächtigten hinsichtlich der gebotenen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze beruht, welches sich der Antragsgegner nach § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.

Nach ständiger BGH-Rechtsprechung genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige Gericht übermittelt worden ist. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden. Dabei darf sich die Kontrolle des Sendeberichts grundsätzlich nicht darauf beschränken, die auf diesem ausgedruckte Faxnummer mit der zuvor aufgeschriebenen, z.B. bereits in den Schriftsatz eingefügten Faxnummer zu vergleichen, sondern der Abgleich hat anhand eines zuverlässigen Verzeichnisses oder einer anderen geeigneten Quelle zu erfolgen, um auch etwaige Fehler bei der Ermittlung der Faxnummer aufdecken zu können.

Die Rechtsbeschwerde macht schon selbst nicht geltend, dass in der Kanzlei der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners eine organisatorische Regelung bestand, die einen nochmaligen selbständigen Abgleich der im Sendebericht ausgedruckten Telefaxnummer mit einer zuverlässigen Quelle vorsah. Zwar kann dem Erfordernis, durch organisatorische Anweisungen Fehler bei der Ermittlung der Telefaxnummer auszuschließen, auch mit einer Anweisung genügt werden, die im Sendebericht ausgedruckte Faxnummer mit der auf dem versendeten Schriftstück niedergelegten Faxnummer zu vergleichen, wenn die schriftlich niedergelegte Faxnummer ihrerseits aus einer zuverlässigen Quelle ermittelt worden ist.

Aber selbst wenn die Telefaxnummer zunächst einer zuverlässigen Quelle entnommen und auf dem Schriftsatz niedergelegt worden ist, ist ein Abgleich zwischen Sendebericht und zuverlässiger Ausgangsquelle nach der Versendung nur dann entbehrlich, wenn darüber hinaus die generelle Anordnung besteht, die erste Ermittlung der auf dem Schriftsatz niedergelegten Telefaxnummer vor der Versendung nochmals auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Eine derartige Büroorganisation in der Kanzlei seiner Verfahrensbevollmächtigten hat der Antragsgegner in seinem Wiedereinsetzungsgesuch nicht dargelegt.

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