11.01.2012

Zur Auslegung eines befristeten Kündigungsverzichts in einem Wohnraummietvertrag

Ein beiderseitiger, zeitlich begrenzter Kündigungsausschluss in einem Formularmietvertrag über Wohnraum zu Lasten des Mieters ist grundsätzlich zulässig und kann auch in AGB eines Staffelmietvertrages vereinbart werden. Eine Klausel, die für die Zeit nach Ablauf von drei Jahren ausdrücklich die Kündigung "mit gesetzlicher Frist" - also die ordentliche Kündigung - zulässt, ist nicht mehrdeutig.

BGH 23.11.2011, VIII ZR 120/11
Der Sachverhalt:
Die Beklagte mietete für die Tochter des Geschäftsführers ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin eine Wohnung der Klägerin in Köln. Ziffer 3 des Vertrages vom 26.10.2007 lautet: "3. Mietzeit: Ab dem 1.11.2007 Unbefristet: Die Parteien verzichten wechselseitig für die Dauer von drei Jahren auf ihr Recht zur Kündigung! Eine Kündigung ist erstmalig nach Ablauf eines Zeitraumes von drei Jahren mit der gesetzlichen Frist zulässig, also ab dem 30.10.2010 zum 1.1.2011 möglich!"

Ziffer 4 des Mietvertrages enthält zur Höhe der Miete eine Staffelmietvereinbarung. Die Beklagte kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 11.12.2008 zum 31.12.2008. Die Klägerin widersprach der Kündigung unter Hinweis auf die Vereinbarung in Ziffer 3 des Mietvertrags. Sie erhielt die Schlüssel am 18.5.2009 von der Beklagten zurück und vermietete die Wohnung zum 1.10.2009 anderweitig. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin Zahlung der Miete für die Monate Januar bis einschließlich Juni 2009 i.H.v. insgesamt 4.956 € nebst Zinsen.

Das Amtsgericht gab der Klage i.H.v. 3.764 € nebst Zinsen statt und wies die Klage im Übrigen ab. Es hat die Regelung in Ziffer 3 des Mietvertrages für unwirksam gehalten und der Klägerin Miete (2.478 €) für die Zeit bis einschließlich März 2009 sowie Nutzungsentschädigung gem. § 546a BGB (1.306 €) für den Zeitraum von April 2009 bis zur Schlüsselrückgabe zugesprochen. Das LG wies die Berufungen beider Parteien zurück. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Entgegen der Auffassung des LG ist Ziffer 3 des Mietvertrages nicht gem. § 307 BGB unwirksam. Die Kündigung der Beklagten hat das Mietverhältnis daher entgegen der Auffassung des LG nicht vorzeitig zum 31.3.2009 beendet.

Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein beiderseitiger, zeitlich begrenzter Kündigungsausschluss in einem Formularmietvertrag über Wohnraum grundsätzlich zulässig. Ein solcher Kündigungsausschluss zu Lasten des Mieters kann auch in AGB eines Staffelmietvertrages vereinbart werden. Die zeitliche Obergrenze von vier Jahren für einen Kündigungsausschluss wird in Ziffer 3 des Mietvertrages nicht überschritten. Aus der Sicht eines verständigen, juristisch nicht vorgebildeten Mieters ist Ziffer 3 des Mietvertrages auch nicht mehrdeutig.

Die Klausel schließt lediglich das Recht beider Parteien zur ordentlichen Kündigung für die Dauer von drei Jahren aus. Hierfür spricht bereits, dass in Satz 2 der Klausel für die Zeit nach Ablauf von drei Jahren ausdrücklich die Kündigung "mit gesetzlicher Frist" - also die ordentliche Kündigung - geregelt ist. Schon daraus ist herzuleiten, dass die Regelung in Ziffer 3 des Mietvertrags insgesamt nur den vorübergehenden Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung zum Gegenstand hat. Die Auffassung des LG, die Regelung in Satz 2 der Klausel könne auch dahin verstanden werden, dass nach Ablauf von drei Jahren "nur" eine ordentliche Kündigung möglich sein solle, eine außerordentliche Kündigung dagegen auch nach Ablauf von drei Jahren unzulässig sei, ist fernliegend.

Darüber hinaus hat das LG nicht beachtet, dass Ziffer 3 des Mietvertrags im Zusammenhang mit der zulässigen Staffelmietvereinbarung in Ziffer 4 des Mietvertrages zu würdigen ist. Auch die gesetzliche Regelung in § 557a Abs. 3 BGB, nach der bei einer Staffelmietvereinbarung "das Kündigungsrecht" des Mieters für höchstens vier Jahre ausgeschlossen werden kann, bezieht sich - trotz ihrer weiten sprachlichen Formulierung - unzweifelhaft nur auf die ordentliche Kündigung. Der Senat hat bereits entschieden, dass Kündigungsausschlussklauseln in Staffelmietverträgen, die ebenso wie § 557a Abs. 3 BGB nur allgemein vom Kündigungsrecht sprechen, im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung auszulegen sind. Für die vorliegende Klausel gilt nichts Anderes.

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