Zur Begründetheit eines aus abgetretenem Recht verfolgten Schadensersatzanspruchs gegen einen Notar
BGH 20.4.2017, III ZR 398/15Der Sohn der Klägerin hatte im Juli 2004 mit W. einen vom beklagten Notar beurkundeten "Optionsvertrag in Form eines bedingten Kaufvertrags" über drei landwirtschaftliche Grundstücke abgeschlossen. Dieser sollte erst wirksam werden, wenn der Sohn von der bis zum 31.12.2010 befristeten Option Gebrauch machte, indem er den Erwerb der Grundstücke in beurkundeter Form erklärte. Der Optionsvertrag enthielt die Bewilligung und den Antrag des Verkäufers, für den Käufer zur Sicherung des Anspruchs auf Übertragung des Eigentums eine Vormerkung im Grundbuch einzutragen. Der Beklagte bewirkte diese Eintragung jedoch nicht.
Ende 2007 ließ W. das Eigentum an den in dem Optionsvertrag bezeichneten Flächen im Wege der Hofübergabe auf seinen Sohn R. auf, der im Juni 2008 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wurde. Mit Vertrag aus November 2008, der von einem anderen Notar protokolliert wurde, trat der Sohn der Klägerin "sämtliche Rechte aus dem Optionsvertrag" mit W. ab. Daraufhin erklärte diese mit notarieller Urkunde aus Juni 2010 die Ausübung der Option auf Erwerb der fraglichen Grundstücke. Doch der R. verweigerte die Übertragung.
In einem Rechtsstreit gegen ihn und seinen Vater versuchte die Klägerin ohne Erfolg, eine Übertragung des Eigentums an den fraglichen Grundstücken Zug um Zug gegen Zahlung des vereinbarten Kaufpreises zu erreichen. Einen Schadensersatzanspruch verfolgte sie daneben nicht. Im vorliegenden Verfahren machte die Klägerin dann geltend, aufgrund der pflichtwidrig nicht bewirkten Eintragung einer Auflassungsvormerkung habe sie die an sie abgetretenen Rechte aus dem Options-/Grundstückskaufvertrag nicht durchsetzen können. Den ihr dadurch entstandenen Schaden (entgangener Gewinn für die beabsichtigte Weiterveräußerung der Grundstücke, Zinsen für von ihr aufgenommene Darlehen sowie Kosten) habe der Beklagte deshalb zu ersetzen.
Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.
Gründe:
Die Klägerin hat gegen den Beklagten weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht einen Schadensersatzanspruch aus § 19 Abs. 1 S. 1 BNotO, auch wenn er seine Amtspflichten dadurch verletzt hat, dass er es unterlassen hatte, die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten des Sohnes der Klägerin zu bewirken (§ 53 BeurkG).
Zwar ist davon auszugehen, dass der Zedent der Klägerin durch die vorgenommene Abtretung "sämtlicher Rechte aus dem Optionsvertrag" auch einen bei ihm bereits entstandenen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten abgetreten hatte. Indes machte sie mit ihrem nunmehr gegen den Beklagten verfolgten Anspruch einen gänzlich anderen Schaden geltend, der sich von dem Gegenstand der abgetretenen Forderung maßgeblich unterschied und davon deshalb nicht umfasst war. Ein derartiger Schaden war beim Sohn der Klägerin nicht eingetreten und hatte auch nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts zu keinem Zeitpunkt bei ihm entstehen können.
Die Klägerin verlangte den Ersatz entgangenen Gewinns für die von ihr nach einer Ausübung des Optionsrechts beabsichtigte Weiterveräußerung der Grundstücke, von Zinsen für von ihr aufgenommene Darlehen sowie von ihr entstandenen Kosten. Ein derartiger Schaden war jedoch von der ihr abgetretenen Forderung nicht mitumfasst, sondern stellte einen nach Inhalt, Umfang und zugrunde liegendem Lebenssachverhalt anderen Gegenstand der Forderung dar. Der mit der Klage geltend gemachte Schaden war nicht etwa in dem Anspruch mit enthalten, den ihr Sohn ihr abgetreten hatte und hätte geltend machen können, sondern unterschied sich inhaltlich davon und ging weit darüber hinaus, so dass er ein aliud darstellte.
Für diese Beurteilung sprachen insbesondere auch Schutzzweckgesichtspunkte. Die vorliegend verletzte notarielle Amtspflicht aus § 53 BeurkG kann zwar grundsätzlich auch drittschützend sein. Zum Kreis der dadurch geschützten Personen können danach nicht nur unmittelbar oder mittelbar an der Beurkundung Beteiligte gehören, sondern auch solche Personen, deren Interessen durch das Urkundsgeschäft nach dessen Art und Zweck berührt sind. Die Klägerin konnte jedoch nicht zu diesem Personenkreis gezählt werden, denn zum Zeitpunkt der Beurkundung bestand nur eine allgemeine Möglichkeit der Abtretung des Optionsrechts, ohne dass die Klägerin bereits konkret als Zessionarin in Betracht gekommen wäre.
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