27.04.2016

Zur Bemessung der Beschwer eines Wohnungseigentümers bei erfolgloser Anfechtung eines Beschlusses über die Entlastung des Verwalters

Bei der Bemessung der Beschwer eines Wohnungseigentümers, der erfolglos einen Beschluss über die Entlastung des Verwalters angefochten hat, tritt der Wert, den die künftige vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Verwalter hat, regelmäßig zu dem Wert etwaiger Ersatzansprüche gegen diesen hinzu.

BGH 17.3.2016, V ZB 166/13
Der Sachverhalt:
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Versammlung vom 24.9.2012 beschlossen die Wohnungseigentümer zu dem Tagesordnungspunkt (TOP) 4a mehrheitlich die Jahresabrechnung 2011 sowie zu TOP 4b die Entlastung des Verwalters. Die Abrechnung enthält Kosten von rd. 5.300 € für eine Reparatur der Aufzugsanlage.

Der Kläger, der meint, die Wohnungseigentümer hätten einen Beschluss über die Durchführung der Reparatur fassen müssen, will mit der Klage erreichen, dass die Beschlüsse zu TOP 4a und 4b für ungültig erklärt werden.

AG und LG wiesen die Klage ab. Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers hob der BGH den Beschluss des LG auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung dorthin zurück.

Die Gründe:
Die Berufung des Klägers durfte nicht als unzulässig verworfen werden, weil seine Beschwer den Betrag von 600 € übersteigt.

Das LG nimmt zunächst ohne Rechtsfehler an, dass der Kläger durch die Abweisung seiner Klage gegen die Beschlussfassung zu TOP 4a i.H.v. 244 € beschwert ist. Wendet sich ein Wohnungseigentümer gegen den Ansatz einer Kostenposition in der Jahresabrechnung, bestimmt sich seine Beschwer grundsätzlich nach dem Nennwert, mit dem diese Position in seiner Einzelabrechnung angesetzt ist. Dies ist hier der für die Reparatur der Aufzugsanlage auf den Miteigentumsanteil des Klägers entfallende Betrag von 244 €. Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Annahme des LG, der Kläger sei durch die Abweisung des die Beschlussfassung zu TOP 4b betreffenden Teils der Klage ebenfalls nur i.H.v. (weiteren) 244 € beschwert.

Der Senat hat bereits entschieden, dass sich das Interesse an der Entlastung oder Nichtentlastung des Verwalters nicht nur nach den möglichen Ansprüchen gegen diesen bestimmt, wenn die Entlastung wegen solcher Ansprüche verweigert worden ist oder werden soll. Bei der Bemessung des Interesses auch zu berücksichtigen ist der weitere Zweck, den die Entlastung des Verwalters hat, nämlich die Grundlage für die weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit in der Zukunft zu legen. Dessen Wert ist, wenn besondere Anhaltspunkte für einen höheren Wert fehlen, regelmäßig mit 1.000 € anzusetzen.

Anders als das LG meint, ist dieser Zweck eines Entlastungsbeschlusses für die Bemessung der Beschwer auch dann von Bedeutung, wenn die Entlastung des Verwalters aus Gründen versagt werden soll, die in unmittelbarem Bezug zu einer Abrechnungsposition oder einer sonstigen Forderung gegen den Verwalter stehen. Die Entlastung des Verwalters beschränkt sich nicht auf die Billigung der bisherigen Amtsführung; sie wirkt zugleich in die Zukunft, indem die Wohnungseigentümer dem Verwalter ihr Vertrauen für dessen künftige Tätigkeit aussprechen. Beide Zwecke stehen in einem untrennbaren Zusammenhang und bestimmen grundsätzlich gemeinsam die Beschwer des Wohnungseigentümers, der einen Entlastungsbeschluss anficht. Der Wert, den die künftige vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Verwalter hat, tritt deshalb regelmäßig - und so auch hier - zu dem Wert etwaiger Ersatzansprüche gegen diesen hinzu.

Anders kann es ausnahmsweise liegen, wenn der anfechtende Wohnungseigentümer eine weitere gute Zusammenarbeit mit dem Verwalter ausdrücklich nicht in Zweifel zieht, die Anfechtung des Entlastungsbeschlusses also allein wegen bestimmter Forderungen gegen den Verwalter verweigert wissen will. Für einen solchen Ausnahmefall ist hier nichts ersichtlich. Aus dem von der Rechtsbeschwerde in Bezug genommenen Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 10.9.2013 ergibt sich - im Gegenteil -, dass er den Beschluss zu TOP 4b gerade deshalb angefochten hat, weil er meint, der Verwalter habe infolge unwahrer Behauptungen im Zusammenhang mit der angeblichen Eilbedürftigkeit der Aufzugsreparatur die Vertrauensgrundlage zerstört.

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