18.12.2015

Zur Bemessung des Beschwerdewertes bei einer Verurteilung zur Räumung und Herausgabe eines Kleingartens

§ 8 ZPO findet auch auf Kleingartenpachtverhältnisse i.S.d. Bundeskleingartengesetzes Anwendung. Ist das Ende des streitigen Miet- oder Pachtverhältnisses weder bestimmt noch sonst näher bestimmbar, so ist im Rahmen der Wertbemessung gem. § 8 ZPO die in § 9 ZPO festgelegte Höchstgrenze des dreieinhalbfachen Jahresbetrages entsprechend anzuwenden.

BGH 26.11.2015, III ZB 84/15
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Pächter eines Kleingartens. Sie hatten beantragt, festzustellen, dass die vom beklagten Kleingartenverein im Juli 2014 ausgesprochene Kündigung das Pachtverhältnis nicht beendet habe. Der Verein hat hierauf Widerklage erhoben mit den Anträgen, die Kläger zur Räumung und Herausgabe des Kleingartens sowie "insbesondere" zur Beseitigung von drei Koniferen, zwei Eiben, einer großen Birke, eines Nadelbaums, eines Ahornbaums und einer großen Zwergkiefer zu verurteilen.

Das AG hat die Klage abgewiesen und die Kläger auf die Widerklage zur Räumung und Herausgabe des Kleingartens verurteilt; den Widerklageantrag auf Beseitigung der Bäume hat es wegen eines fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses des Vereins, da sich die Beseitigungspflicht der Kläger bereits aus der Verurteilung zur Räumung und Herausgabe des Kleingartengrundstücks ergebe, abgewiesen. Die Berufung hat das AG ausdrücklich nicht zugelassen.

Die dennoch gegen das Urteil des AG eingelegte Berufung der Kläger hat das LG als unzulässig verworfen. Es war der Ansicht, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes gem. §§ 8, 9 ZPO lediglich 417,76 € (3½-facher Betrag der jährlichen Pacht von 119,36 €) betrage und somit unterhalb der Wertgrenze des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (600 €) liege. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Kläger blieb vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
§ 8 ZPO findet auch auf Kleingartenpachtverhältnisse i.S.d. Bundeskleingartengesetzes Anwendung. Ist das Ende des streitigen Miet- oder Pachtverhältnisses - wie hier - weder bestimmt noch sonst näher bestimmbar, so ist im Rahmen der Wertbemessung gem. § 8 ZPO die in § 9 ZPO festgelegte Höchstgrenze des dreieinhalbfachen Jahresbetrages entsprechend anzuwenden. § 8 ZPO erfasst neben Räumungsklagen auch Feststellungsklagen, wobei für diese kein Bewertungsabschlag vorzunehmen ist.

Der Wert der Beschwer der Kläger aus ihrer Verurteilung zur Räumung und Herausgabe des Kleingartens sowie aus der Abweisung ihrer Feststellungsklage sind nicht zu addieren, weil zwischen der Feststellungsklage und der Räumungswiderklage eine wirtschaftliche Identität besteht; es verbleibt daher insgesamt bei dem Wert des dreieinhalbfachen Jahrespachtzinses.

Die voraussichtlichen Kosten für die Beseitigung der Bäume waren nicht hinzuzurechnen. Anders verhält es sich zwar, wenn der (Wider-)Beklagte im Rahmen einer objektiven (Wider-)Klagehäufung sowohl zur Herausgabe eines Grundstücks als auch zur Beseitigung von Bauwerken oder Einrichtungen verurteilt wird. In diesem Fall beruht die Verurteilung nämlich auf zwei Klageanträgen mit zwei verschiedenen Streitgegenständen. Hier erfolgt gem. § 5 ZPO eine Addition des nach § 8 ZPO zu bestimmenden Wertes der Beschwer der Verurteilung zur Herausgabe und des nach § 3 ZPO (nach den dafür aufzuwendenden Kosten) zu bemessenden Wertes der Beschwer für die Beseitigung. Im vorliegenden Fall waren die Kläger aber nicht im Rahmen einer objektiven (Wider-)Klagehäufung neben der Herausgabe und Räumung des Kleingartens zur Beseitigung der Bäume verurteilt worden; vielmehr wurde der auf die Beseitigung der Bäume gerichtete Widerklageantrag vom AG abgewiesen.

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