Zur Beschwer des Klägers bei verneintem Amtshaftungsanspruch und gerechtfertigtem Klageanspruch
BGH 18.8.2016, III ZR 325/15Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz bzw. Entschädigung aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung beziehungsweise wegen enteignungsgleichen Eingriffs im Zusammenhang mit dem Widerruf und der Nichtverlängerung einer rundfunkrechtlichen Sendegenehmigung.
Das LG erklärte mit Teil-Grund- und Teil-Endurteil den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt, soweit er auf Entschädigung wegen enteignungsgleichen Eingriffs gerichtet ist und auf dem Widerruf der Genehmigung, befristet bis zum 30.9.2010, beruht, und wies die weitergehende Klage ab. Die hiergegen eingelegten Berufungen beider Parteien wies das OLG mit der Maßgabe zurück, dass der Klageanspruch dem Grunde nach gerechtfertigt ist, soweit die Klägerin unter dem Gesichtspunkt des enteignungsgleichen Eingriffs Entschädigung für den rechtswidrigen Widerruf der Sendelizenz begehrt; für die Durchführung des Betragsverfahrens verwies es den Rechtstreit an das LG zurück.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin setzte der BGH den Wert der Beschwer, zugleich Streitwert für das Beschwerdeverfahren, auf bis 500 € fest.
Die Gründe:
Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde greift die Klägerin das Berufungsurteil insoweit an, als es (bzgl. des Widerrufs der Fernsehgenehmigung) einen Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) verneint hat. Sie rügt des Weiteren, dass sich aus dem Berufungsurteil hinsichtlich der Berücksichtigung der Nichtverlängerung der Sendeerlaubnis bei der Bemessung der angemessenen Entschädigung eine negative faktische Bindungswirkung für das Betragsverfahren vor dem LG ergebe. Für beide Punkte hat die Klägerin indessen eine Beschwer nicht dargelegt.
Die Ablehnung eines Schadensersatzanspruchs aus Amtshaftung beschwert die Klägerin nach Lage des Falles nicht. Zwar bleibt die einem Betroffenen nach den Grundsätzen des enteignungsgleichen Eingriffs zu gewährende angemessene Entschädigung regelmäßig hinter der Höhe eines Schadensersatzanspruchs zurück. Dies ist jedoch nicht stets der Fall; beide Ansprüche können auch - wie hier - wirtschaftlich identisch sein. Die Klägerin hat sowohl in erster als auch in zweiter Instanz geltend gemacht, dass sich ihr auf Ersatz des Substanzwerts der Sendegenehmigung gerichtetes Zahlungsbegehren in jeweils voller Höhe sowohl aus einem Anspruch auf angemessene Entschädigung wegen enteignungsgleichen Eingriffs als auch aus einem Schadensersatzanspruch wegen Amtshaftung rechtfertige; beide Ansprüche seien "deckungsgleich" und führten zum selben Ergebnis. Diese Ansicht ist, soweit es - wie hier - um den reinen "Substanzwert" geht, zutreffend.
Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, inwiefern die Klägerin durch die Ablehnung des Amtshaftungsanspruchs unter gleichzeitiger Zuerkennung des Entschädigungsanspruchs beschwert ist. Auch soweit die Klägerin in Bezug auf die Berücksichtigung der Nichtverlängerung der Sendeerlaubnis bei der Bemessung der angemessenen Entschädigung wegen enteignungsgleichen Eingriffs eine negative faktische Bindungswirkung des Berufungsurteils für das Betragsverfahren vor dem LG rügt, liegt keine Beschwer zugrunde. Ein Zwischenurteil über den Grund (§ 304 ZPO) beschwert den Kläger in Höhe eines abgewiesenen Bruchteils oder insoweit, als es hinsichtlich des nachfolgenden Betragsverfahrens eine für ihn negative Bindungswirkung (§ 318 ZPO) auslöst; ob Letzteres vorliegt, ist durch Auslegung der Urteilsformel unter Heranziehung der Entscheidungsgründe zu ermitteln. Ausführungen, die ausschließlich die Höhe des Anspruchs betreffen, sind im Grundurteil unzulässig und binden für das Betragsverfahren nicht.
Vorliegend fehlt es sowohl an der Abweisung eines Bruchteils des Klageanspruchs als auch an der gerügten negativen (faktischen) Bindungswirkung. Das OLG hat - trotz Andeutung sachlicher Zweifel - unmissverständlich, eindeutig und in der Sache zutreffend zum Ausdruck gebracht, dass es sich aus prozessualen Gründen daran gehindert sehe, für das Betragsverfahren bindende Vorgaben zu machen, ob und in welchem Umfang die Nichtverlängerung der Genehmigung über den zuletzt geltenden Zeitraum (bis zum 30.9.2010) hinaus bei der Bemessung der angemessenen Entschädigung für den rechtswidrigen Widerruf zu berücksichtigen sei. Dementsprechend hat es die im Tenor des erstinstanzlichen Grundurteils enthaltene Frist (bis zum 30.9.2010) ersatzlos wegfallen lassen. Abgesehen davon würden Ausführungen, die ausschließlich die Höhe des Anspruchs betreffen, für das Betragsverfahren keine Bindungswirkung entfalten.
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