18.05.2015

Zur Beweislast für Hygienemängel bei mehreren MRSA-Infektionen

Ein Patient, bei dem während eines Krankenhausaufenthaltes eine MRSA-Infektion auftritt, muss einen schadensursächlichen Hygienemangel auch dann beweisen, wenn während der Zeit seines Krankenhausaufenthalts vier weitere Patienten MRSA-Infektionen erleiden. Diese Anzahl weiterer MRSA-Infektionen rechtfertigt noch keine Beweislastumkehr zu Lasten des Krankenhauses.

OLG Hamm 14.4.2015, 26 U 125/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war im Dezember 2009 wegen des Verdachts auf eine akute Gastroenteritis in die Klinik der Beklagten eingewiesen worden. Der daraufhin festgestellte Darmtumor wurde umgehend auf der allgemeinchirurgischen Abteilung des Krankenhauses operativ behandelt. Im Bereich der Einstichstelle eines während der Operation gesetzten Katheters erlitt die Klägerin einen Abszess, der sich entzündete. Der Abszess musste daraufhin in der neurochirurgischen Abteilung einer anderen Klinik operativ behandelt werden. Dabei ergab sich ein MRSA-Befund.

Die Klägerin verlangte in der Folgezeit vom beklagten Krankenhaus 30.000 € Schmerzensgeld, u.a. mit der Begründung, der Katheter und die Einstichstelle seien nicht hygienisch einwandfrei gepflegt und vorsorgt gewesen. Sie behauptete zudem, während ihres Aufenthaltes im beklagten Krankenhaus sei es zu mindestens vier weiteren MRSA-Infektionen gekommen.

Das LG wies nach Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen die Klage ab. Die Berufung der Klägerin blieb vor dem OLG erfolglos.

Die Gründe:
Es lagen keine Ansprüche aus §§ 280 Abs. 1, 823, 31, 831, 253 Abs. 2 BGB vor, da nach dem Einholen eines medizinischen Sachverständigengutachtens keine vom beklagten Krankenhaus zu verantwortenden Behandlungsfehler festgestellt werden konnten.

In Bezug auf die beanstandete Hygiene hatte die Klägerin zum einen keinen Mangel nachgewiesen. Insoweit kam auch keine Umkehr der Beweislast unter dem Gesichtspunkt eines vom Krankenhaus voll beherrschbaren Geschehens in Betracht. Denn nach Angaben des Sachverständigen gibt es in Deutschland keinen medizinischen Standard, der jegliche Art von Infektionen ausschließt. Ein solcher Standard ist allenfalls theoretisch vorstellbar, im Klinikalltag aber praktisch nicht zu erreichen.

Zum anderen kann auch ein Patient selbst Träger von MRSA-Keimen sein, so dass der Ausbruch einer MRSA-Infektion nicht von vornherein auf einen Hygienemangel schließen lässt. Ein solcher folgt auch nicht aus vier weiteren MRSA-Infektionen während des Krankenhausaufenthaltes der Klägerin. Entscheidend ist hierbei vielmehr der Einzelfall. Bezogen auf weitere Fälle von MRSA-Infektionen kann insofern für ein Hygienedefizit sprechen, wenn etwa bei 10 Patienten auf der Station zur gleichen Zeit eine solche Infektion auftritt.

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OLG Hamm PM v. 15.5.2015