18.09.2013

Zur Beweiswürdigung eines für den Erwerber in der Zwangsversteigerung nachteiligen mündlichen Mietvertrages unter nahen Angehörigen

Bei der Prüfung des Zustandekommens und des Inhaltes eines mündlichen Mietvertrages muss das Berufungsgericht zum einen Widersprüchen zwischen den Angaben des Zeugen und den aus der Vertragskopie ersichtlichen Bestimmungen des Mietvertrages nachgehen. Außerdem muss es sich bei der Frage, ob ein mündlicher Vertrag abgeschlossen wurde, mit dem Vorbringen der Kläger auseinandersetzen, der Mietvertrag sei nur fingiert worden, um der Familie den Besitz der Wohnung ungeachtet der Zwangsversteigerung weiter zu erhalten.

BGH 18.9.2013, VIII ZR 297/12
Der Sachverhalt:
Die Kläger hatten im Dezember 2009 eine Wohnung in Garmisch-Partenkirchen im Wege der Zwangsversteigerung erworben. Die Beklagte behauptete, sie habe im Jahr 2003 mit ihrem Vater und ihrem Bruder als den damaligen Eigentümern der Wohnung einen Mietvertrag abgeschlossen, mit dem ihr gegen Übernahme der Betriebskosten und einer eventuellen Pflege des Vaters ein lebenslanges Nutzungsrecht eingeräumt worden sei. Zum Beleg legte sie im Prozess eine Kopie des angeblichen Mietvertrages vor.

Im Januar 2010 forderten die Kläger die Beklagte auf, ab 19.12.2009 eine monatliche Nutzungsentschädigung i.H.v. 864 € sowie Vorauszahlungen auf die Betriebskosten i.H.v. 136 € monatlich zu zahlen. Bis Juni 2010 leistete die Beklagte keinerlei Zahlungen. Infolgedessen kündigten die Kläger das von ihnen als Scheingeschäft angesehene Mietverhältnis vorsorglich wegen Zahlungsverzugs fristlos. Die Beklagte daraufhin lediglich die bis Ende Juni 2011 geforderten Betriebskosten aus.

Die Kläger begehrten die Räumung der Wohnung sowie Zahlung von Nutzungsentschädigung i.H.v. 17.477 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten. Das AG wies die Klage nach Einholung eines Schriftsachverständigengutachtens ab. Die Berufung der Kläger vor dem LG blieb erfolglos. Zwar habe sich das AG nicht mit der Behauptung der Kläger auseinandergesetzt, die vorgelegte Urkunde sei lediglich "nachgeschoben" und erst nach dem Tod des Vaters erstellt. Auch sei es auffällig, dass die Beklagte trotz der Aufforderung durch die Kläger nicht habe erklären können, wann, wo und unter welchen Umständen die Kopie des Nutzungsvertrags erstellt worden sei. Letztlich komme es darauf aber nicht an, da der als Zeuge vernommene Bruder der Beklagten jedenfalls einen mündlichen Vertragsschluss bestätigt habe. Da die Kläger mit dem Erwerb der Wohnung in diesen Vertrag eingetreten seien, schulde die Beklagte abgesehen von der Übernahme der Betriebskosten keine Nutzungsentschädigung.

Auf die Revision der Kläger hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.

Die Gründe:
Die Feststellungen des Berufungsgerichtes zu dem Zustandekommen und dem Inhalt eines mündlichen Mietvertrages waren von Rechtsfehlern beeinflusst. So hatte die Berufungsinstanz die Widersprüche zwischen den Angaben des Zeugen und den aus der Vertragskopie ersichtlichen Bestimmungen des Mietvertrags außer Acht gelassen hat. Außerdem hätte sich das Berufungsgericht auch bei der Frage, ob ein mündlicher Vertrag abgeschlossen wurde, mit dem Vorbringen der Kläger auseinandersetzen müssen, der Mietvertrag sei von der Beklagten nur fingiert worden, um sich oder der Familie den Besitz der Wohnung ungeachtet der Zwangsversteigerung weiter zu erhalten. Dies muss es nun im weiteren Verfahren nachholen.

Linkhinweise:

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BGH PM Nr. 151 vom 18.9.2013
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