08.05.2014

Zur Eintragung einer Grunddienstbarkeit im Hinblick auf einen nach § 917 BGB zu duldenden Notweg

Eine Grunddienstbarkeit des Inhalts, dass auf einen nach § 917 BGB zu duldenden Notweg verzichtet wird, ist im Grundbuch des durch den Verzicht belasteten Grundstücks einzutragen. Aus einer Eintragung im Grundbuch des durch das Notwegrecht belasteten Grundstücks kann sich ein dinglich wirkender Verzicht nicht ergeben. Der Eigentümer eines verbindungslosen Grundstücks kann einen Notweg nicht auch für seinen künftigen Einzelrechtsnachfolger verlangen.

BGH 7.3.2014, V ZR 137/13
Der Sachverhalt:
Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück des Klägers besitzt keinen Zugang zu einer öffentlichen Straße. Die Rechtsvorgänger der Parteien hatten mit notariellem Vertrag im Jahre 1960 zugunsten des klägerischen Grundstücks ein Geh- und Fahrtrecht über das Grundstück der Beklagten vereinbart, das mit folgendem Inhalt in das Grundbuch eingetragen wurde:

"Die Verkäufer räumen mit Wirkung für sich und ihre Rechtsnachfolger im Eigentum der Restfläche von Flurstück Nr. 17 den jeweiligen Eigentümern der Kauffläche für immer das unentgeltliche Recht ein, über die Hoffläche und entlang des Obstgartens auf einem ca. 3 m breiten Streifen jederzeit zu gehen und mit Fahr-zeugen aller Art zu fahren, um vom Weg zur Kauffläche gelangen zu können. Das Befahren mit Personenkraftwagen ist jedoch nicht gestattet."

Der Kläger verlangt, soweit hier von Interesse, dass die Beklagten mit Wirkung für sich und ihre Rechtsnachfolger ihm und seinen Rechtsnachfolgern die Benutzung des Weges mit Personenkraftwagen gegen Zahlung einer Notwegerente von 50 € jährlich gestatten.

Das AG wies die Klage ab; das LG gab ihr statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil insoweit auf als sich die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung eines Notwegrechts auch auf die Rechtsnachfolger der Parteien bezieht, und wies die Berufung des Klägers gegen das Urteil des AG im Umfang der Aufhebung zurück.

Die Gründe:
Das LG hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die auf dem Grundstück der Beklagten lastende Grunddienstbarkeit dem von dem Kläger geltend gemachten Notwegrecht gem. § 917 BGB nicht entgegensteht. Entgegen der Auffassung der Revision liegt in der Beschränkung des eingetragenen Geh- und Fahrtrechts auf Kfz, die keine Pkw sind, kein dinglich wirkender Verzicht zu Lasten des klägerischen Grundstücks. Richtig ist zwar, dass der Berechtigte auf das Notwegrecht verzichten kann. Ein seitens des Klägers erklärter Verzicht liegt aber nicht vor. Ein schuldrechtlicher Verzicht seiner Rechtsvorgänger, der sich aus dem der Bestellung des Geh- und Fahrtrechts zugrundeliegenden Schuldverhältnis ergeben kann, bindet den Kläger nicht. Eine dingliche und damit auch den Einzelrechtsnachfolger bindende Wirkung des Verzichts kann nur durch eine entsprechende Grunddienstbarkeit erreicht werden.

Nach der dritten Alternative des § 1018 BGB kann ein Grundstück zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks auch in der Weise belastet werden, dass die Ausübung eines Rechts ausgeschlossen ist, das sich aus dem Eigentum an dem belasteten Grundstück dem anderen Grundstück gegenüber ergibt. Dies betrifft in erster Linie die dingliche Verpflichtung, die Nachbarrechte aus §§ 904 bis 923 BGB nicht oder nur eingeschränkt auszuüben. Ein sich aus dem Grundeigentum ergebendes Recht im Sinne des § 1018 BGB stellt auch das Notwegrecht gemäß § 917 BGB dar. Ein Verzicht auf das Notwegrecht kann daher Gegenstand einer Grunddienstbarkeit im Sinne des § 1018 BGB sein.

Die Entstehung der Grunddienstbarkeit setzt gemäß § 873 BGB die Einigung und Eintragung in das Grundbuch voraus. Sie ist auf dem für das dienende Grundstück angelegten Grundbuchblatt einzutragen, also auf dem des durch den Verzicht belasteten Grundstücks. Dadurch wird ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb durch einen Dritten, für den allein das Grundbuchblatt dieses Grundstücks maßgebend ist, verhindert. An einer im Grundbuch des klägerischen Grundstücks eingetragenen Grunddienstbarkeit des Inhalts, dass der Eigentümer auf ein Notwegrecht zum Befahren des Grundstücks der Beklagten mit Personenkraftwagen verzichtet, fehlt es hier. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es auf die zulasten ihres Grundstücks eingetragene Dienstbarkeit nicht an; denn aus einer Ein-tragung im Grundbuch des durch das Notwegrecht belasteten Grundstücks kann sich ein dinglich wirkender Verzicht auf das Notwegrecht nicht ergeben.

Ohne Rechtsfehler nimmt das LG an, dass die Voraus-setzungen für ein Notwegrecht des Klägers gem. § 917 BGB vorliegen. Keinen Bestand haben kann das Berufungsurteil hingegen, soweit sich die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung eines Notwegrechts auch auf die (Einzel-)Rechtsnachfolger der Parteien bezieht. Zwar könnte auch ein neuer Eigentümer des klägerischen Grundstücks bei unveränderten tatsächlichen Verhältnissen gem. § 917 BGB von den Beklagten einen Notweg verlangen. Das Verlangen ist aber Tatbestandsmerkmal für das Entstehen sowohl der Duldungs- als auch der Rentenzahlungspflicht. Solange ein Einzelrechtsnachfolger des Klägers einen Notweg nicht verlangt, hat er daher weder ein Benutzungsrecht noch ist er zu einer Rentenzahlung verpflichtet. Ebenso verhält es sich im Hinblick auf einen (Einzel-)Rechtsnachfolger der Beklagten. Eine Duldungspflicht bzw. ein Rentenanspruch eines Rechtsnachfolgers entstünde erst, wenn der Kläger auch diesem gegenüber die Benutzung verlangt.

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