04.07.2013

Zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete bei einer ehemaligen Bergarbeitersiedlung

Ein Gutachten ist als Grundlage für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ungeeignet, wenn es nur Vergleichswohnungen aus einer einzigen Siedlung, die im Eigentum ein und desselben Vermieters steht, berücksichtigt. Der Sachverständige muss bei der Ermittlung der Einzelvergleichsmiete ein breites Spektrum von Vergleichswohnungen aus der Gemeinde berücksichtigen.

BGH 3.7.2013, VIII ZR 263/12
Der Sachverhalt:
Die Beklagten sind Mieter von Doppelhaushälften der Klägerin in Ahlen. Die Mietobjekte gehören zu der in den Jahren 1910 bis 1924 durch die Bergwerksgesellschaft Westfalen errichteten "Zechensiedlung Neustadt", die bis zur Schließung der Zeche "Westfalen" im Jahr 2000 subventioniert und fast ausschließlich von Bergleuten bewohnt war. Die Siedlung besteht aus überwiegend älterer Bausubstanz im gleichförmigen Siedlungsstil und steht wegen ihres Charakters als Gartenstadt unter Denkmalschutz. Im Jahr 2005 verlangte die Klägerin unter Bezugnahme auf den Mietspiegel von Ahlen für eine Vielzahl ihrer Mietobjekte in der Zechensiedlung die Zustimmung zu einer Erhöhung der mtl. Nettomiete. Die Beklagten erteilten die Zustimmung nicht.

Das AG wies die auf Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung gerichteten Klagen ab. Es hat die ortsübliche Vergleichsmiete mit Hilfe eines Sachverständigen anhand des (einfachen) Mietspiegels von Ahlen ermittelt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass diese niedriger als die bisher gezahlte Miete ist und somit kein Anspruch auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung besteht. Das LG gab den Klagen statt (in zwei Fällen ganz, in einem Fall teilweise). Es hat sich auf ein Sachverständigengutachten gestützt, das ausschließlich Wohnungen der Klägerin aus der ehemaligen Zechensiedlung als Vergleichsobjekte herangezogen hat.

Auf die Revisionen der Beklagten hob der BGH die Urteile auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Das LG durfte das Sachverständigengutachten nicht heranziehen.

Ein Gutachten ist als Grundlage für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ungeeignet, wenn es nur Vergleichswohnungen aus einer einzigen Siedlung, die im Eigentum ein und desselben Vermieters steht, berücksichtigt. Der Sachverständige muss bei der Ermittlung der Einzelvergleichsmiete ein breites Spektrum von Vergleichswohnungen aus der Gemeinde berücksichtigen.

Das LG hat daher seiner Entscheidung rechtsfehlerhaft das von ihm eingeholte Gutachten zugrunde gelegt und den Mietspiegel der Staat Ahlen als vermeintlich nicht taugliche Erkenntnisquelle außer Betracht gelassen. Die Urteile des LG waren daher aufzuheben, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist, und die Sachen an das LG zurückzuverweisen, damit dieses Feststellungen zu der ortsüblichen Vergleichsmiete treffen kann.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 110 vom 3.7.2013
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