Zur Erstattung des Reisepreises nach Änderung der Reiseleistung durch Reiseveranstalter
BGH 16.1.2018, X ZR 44/17Die Kläger buchten bei dem beklagten Reiseveranstalter für den Zeitraum vom 30.8. bis 13.9.2015 eine China-Rundreise. Nach dem Reiseverlauf waren für die dreitägige Dauer des Aufenthalts in Peking verschiedene Besichtigungen vorgesehen. Eine Woche vor der geplanten Abreise teilte die Beklagte den Klägern per E-Mail mit, dass aufgrund einer Militärparade im September 2015 die Verbotene Stadt und der Platz des Himmlischen Friedens in Peking nicht besichtigt werden könnten. Stattdessen wurde ein Besuch des Yonghe-Tempels angeboten.
Die Kläger erklärten daraufhin den Rücktritt vom Reisevertrag. Sie machen die Rückzahlung des Reisepreises i.H.v. rd. 3.300. €, Ersatz nutzloser Aufwendungen für Impfungen und Visa und die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten geltend.
Das AG gab der Klage statt. Das LG bestätigte die Verurteilung zur Erstattung des Reisepreises und wies die Klage im Übrigen ab. Die Revision der Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das LG hat ein Rücktrittsrecht der Kläger zu Recht bejaht. Der Reisende kann nach § 651a Abs. 5 S. 2 BGB bei einer Erhöhung des Reisepreises um mehr als 5 % oder bei einer - hier zu bejahenden - erheblichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung vom Reisevertrag zurücktreten.
Abgesehen von geringfügigen vom Reisenden hinzunehmenden Abweichungen ist eine nachträgliche Leistungsänderung nur zulässig, wenn der Reiseveranstalter sich diese im Reisevertrag rechtswirksam vorbehalten hat, wofür regelmäßig nur eine entsprechende Klausel in den allgemeinen Reisebedingungen des Veranstalters in Betracht kommt. Im Streitfall fehlt es an einem wirksamen Vorbehalt, da die Änderungsklausel in den allgemeinen Reisebedingungen des beklagten Reiseveranstalters unwirksam ist.
Der Reiseveranstalter kann sich nach § 308 Nr. 4 BGB nur solche Leistungsänderungen vorbehalten, die unter Berücksichtigung der Interessen des Reiseveranstalters für den Reisenden zumutbar sind. Zumutbar sind nur Änderungen aufgrund von Umständen, die nach Vertragsschluss eintreten und für den Reiseveranstalter bei Vertragsschluss auch nicht vorhersehbar sind. Außerdem dürfen sie den Charakter der Reise nicht verändern. Beide Schranken kommen in der Klausel nicht zum Ausdruck, die den Ersatz nicht mehr möglicher Reiseleistungen durch vergleichbare andere zulassen.
Jedenfalls unter Berücksichtigung der fehlenden vertraglichen Grundlage für Leistungsänderungen liegt im Streitfall eine erhebliche Änderung einer wesentlichen Reiseleistung vor. Wenn sie sich mangels vertraglicher Grundlage zugleich als Mangel der Reise darstellt, kann die Änderung einer wesentlichen Reiseleistung schon dann als erheblich anzusehen sein, wenn sie das Interesse des Reisenden daran, dass die Reise wie vereinbart erbracht wird, mehr als geringfügig beeinträchtigt.
Der Besuch der Verbotenen Stadt und des Platzes des Himmlischen Friedens als einer der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Pekings und Chinas stellte bereits für sich genommen eine wesentliche Reiseleistung dar. Sie wurde durch den Wegfall dieser Programmpunkte und ihren Ersatz durch den Besuch eines wenn auch bekannten Tempels mehr als nur geringfügig beeinträchtigt.
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