05.09.2016

Zur Fälligkeit des Anspruchs des Mieters auf Rückgabe einer Mietsicherheit

Der Anspruch des Mieters auf Rückgabe einer Mietsicherheit wird erst fällig, wenn eine angemessene Überlegungsfrist abgelaufen ist und dem Vermieter keine Forderungen aus dem Mietverhältnis mehr zustehen, wegen derer er sich aus der Sicherheit befriedigen darf. Da die Betriebskostennachforderungen aus Jahresabrechnungen des Vermieters wiederkehrende Leistungen i.S.d. § 216 Abs. 3 BGB sind, ist es ihm verwehrt, sich wegen bereits verjährter Betriebskostennachforderungen aus der Mietsicherheit zu befriedigen.

BGH 20.7.2016, VIII ZR 263/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger war von 2002 bis Ende Mai 2009 Mieter einer Wohnung der Beklagten in Erfurt. Zu Beginn des Mietverhältnisses hatte der Kläger ein Kautionssparbuch über rund 695 € eingerichtet, eine Verpfändungserklärung abgegeben und das Sparbuch an die Beklagte als Mietsicherheit übersandt. Die dem Kläger für die Jahre 2006 bis 2009 erteilten Betriebskostenabrechnungen vom 31.8.2007, vom 21.10.2008, vom 3.11.2009 und vom 4.11.2010 wiesen jeweils Nachzahlungsbeträge zugunsten der Beklagten aus, die sich nach Teilzahlungen des Klägers auf insgesamt 959 € beliefen.

Mit der am 28.12.2012 anhängig gemachten und am 21.2.2013 zugestellten Klage begehrte der Kläger die Pfandfreigabe und die Rückgabe des Sparbuchs. Die Beklagte berief sich jedoch auf die aus ihrer Sicht bestehenden Nachzahlungsansprüche aus den Betriebskostenabrechnungen und machte diesen Betrag gleichzeitig im Wege der Widerklage geltend. Beide Parteien beriefen sich wechselseitig auf die Verjährung der gegen sie geltend gemachten Ansprüche.

Das AG wies die Klage ab und verurteilte den Kläger auf die Widerklage, an die Beklagte aus der Betriebskostenjahresabrechnung für das Jahr 2009 128 € zu zahlen; im Übrigen wies es die Widerklage wegen Verjährung ab. Die Berufung des Klägers, mit der er sich nur gegen die Abweisung der Klage gewendet hatte, blieb erfolglos. Auf die zugelassene Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.

Die Gründe:
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung konnte die Klage nicht abgewiesen werden. Bereits die Annahme der Vorinstanz, der Freigabeanspruch des Klägers sei nach Ablauf von sechs Monaten seit Mietende, mithin Ende November 2009 fällig geworden, war von Rechtsirrtum beeinflusst.

Der Anspruch des Mieters auf Rückgabe einer Mietsicherheit wird erst fällig, wenn eine angemessene Überlegungsfrist abgelaufen ist und dem Vermieter keine Forderungen aus dem Mietverhältnis mehr zustehen, wegen derer er sich aus der Sicherheit befriedigen darf. Anders als das LG gemeint hatte, war der Anspruch des Klägers auf Freigabe der Kaution deshalb nicht mit Ablauf des Monats November 2009 fällig geworden. Zu diesem Zeitpunkt standen der Beklagten nämlich die - vom Berufungsgericht als berechtigt zugrunde gelegten - Betriebskostennachforderungen aus den Abrechnungen für die Jahre 2006 bis 2008 als unverjährte Forderungen zu und hätte sich die Beklagte damals wegen dieser Forderungen noch aus der Sicherheit befriedigen können.

Der älteste von der Beklagten geltend gemachte Anspruch auf Zahlung restlicher Betriebskosten für das Jahr 2006 verjährte erst mit Ablauf des Jahres 2010, da diese Kosten am 31.8.2007 abgerechnet wurden mit der Folge, dass die dreijährige (regelmäßige) Verjährungsfrist dieses Anspruchs am 31.12.2007 zu laufen begann und am 31.12.2010 endete. Die zeitlich nachfolgenden Ansprüche aus den in den Jahren 2008 und 2009 erfolgten Abrechnungen der Jahre 2007 und 2008 verjährten demgemäß mit Ablauf der Jahre 2011 und 2012; die erst im Jahr 2013 erhobene Widerklage konnte die Verjährung wegen der Betriebskostennachforderungen für die Jahre 2006 bis 2008 nicht mehr hemmen und somit den Eintritt der Verjährung nicht verhindern.

Zudem handelte es sich bei Betriebskostennachforderungen um wiederkehrende Leistungen i.S.d. § 216 Abs. 3 BGB mit der Folge, dass die Beklagte vorliegend entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gehindert war, sich wegen der zwischen den Parteien noch im Streit befindlichen verjährten Betriebskostennachforderungen der Jahre 2006 bis 2008 aus der verpfändeten Sparbuchforderung zu befriedigen. Wegen des in § 216 Abs. 3 BGB (früher: § 223 Abs. 3 BGB a.F.) verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffs der "wiederkehrende[n] Leistungen" kann auf die BGH-Rechtsprechung zu § 197 Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden.

Das Berufungsgericht hatte angesichts seiner Rechtsauffassung, die Beklagte könne sich ohnehin wegen der verjährten, den Sparbuchbetrag übersteigenden Forderungen aus der Sicherheit befriedigen, keinen Anlass, hierzu Feststellungen zu treffen oder auch nur im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage auf das Einlösungsrecht des Verpfänders nach § 1223 Abs. 2 BGB hinzuweisen. Dies drängt sich nun aber auf, nachdem durch die vorliegende Entscheidung geklärt ist, dass die verpfändete Sparbuchforderung allenfalls noch die Widerklageforderung sichert, die nur einen Bruchteil des als Sicherheit dienenden Guthabens ausmacht.

Linkhinweise:

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