29.10.2012

Zur Frage der Gewichtung des Examensergebnisses bei der Besetzung von Notarstellen

Leistungsbewertungen der Notarassessoren während des Anwärterdienstes nach § 3 Abs. 3 S. 1 NotAssAusbV NW stellen ausschließlich eine Äußerung über die Eignung des Assessors für das Amt des Notars auf der Grundlage von Erkenntnissen aus seinem Verhalten während des Anwärterdienstes ohne Berücksichtigung der Ergebnisse der zweiten juristischen Staatsprüfung dar. Die Gewichtung des Examensergebnisses im Verhältnis zur dienstlichen Beurteilung obliegt ausschließlich der die Auswahlentscheidung nach § 6 Abs. 3 S. 1 BNotO treffenden Justizverwaltung und nicht der Notarkammer zu.

BGH 23.7.2012, NotZ(Brfg) 3/12
Der Sachverhalt:
Der am 14.1.1975 geborene Kläger hatte im November 2003 die zweite Staatsprüfung mit der Note "gut" (12,26 Punkte) abgelegt. Ab April 2006 wurde er in den Anwärterdienst für das Amt des Notars übernommen und befand sich von Dezember 2006 bis April 2008 bei einem Notar in Ausbildung. Von Mai 2008 bis Oktober 2010 war er beim Deutschen Notarinstitut tätig. Seit Oktober 2010 ist er zur Ausbildung einem weiteren Notar zugewiesen.

Im Januar 2011 wurde der Kläger in einer dienstlichen Beurteilung mit "sehr gut" (16 Punkte) bewertet. Er bewarb sich daraufhin auf eine im Justizministerialblatt für NRW ausgeschriebene Notarstelle. Der Präsident des OLG teilte ihm allerdings mit, dass beabsichtigt sei, die ausgeschriebene Notarstelle einem Mitbewerber zu übertragen. Der Kläger sei gegenüber dem Mitbewerber bei weniger guter dienstlicher Beurteilung - "sehr gut" (16 Punkte) gegenüber "sehr gut" (17 Punkte) - aber um 1,07 Punkte und einer Notenstufe besserem Ergebnis im zweiten juristischen Staatsexamen - fachlich annähernd gleich geeignet, so dass dem Mitbewerber wegen seiner insgesamt längeren Dienstzeit der Vorrang zu geben sei. Hiergegen klagte der Kläger in einem Parallelverfahren (NotZ(Brfg) 4/12).

Im vorliegenden Verfahren wandte sich der Kläger gegen die Überbeurteilung der Beklagten zu der dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen. Der Kläger war der Ansicht, ihm hätten "17 Punkte" zugebilligt werden müssen. Seine Vortragstätigkeit, seine Veröffentlichungen und seine Tätigkeit für das Deutsche Notarinstitut seien sachwidrig nicht berücksichtigt worden. Der für eine Benotung mit "17 Punkten" von der Beklagten geforderte Eignungsvorsprung sei von § 3 Abs. 3 NotAssAusbV NW nicht gedeckt.

Das OLG sprach der Klage zu. Auf die Berufung der Beklagten hob der BGH die Entscheidung auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Entgegen der Auffassung des OLG war die dienstliche Beurteilung des Klägers durch die Beklagte in Gestalt der Überbeurteilung zur dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen nicht rechtswidrig.

Die Bewertung der Leistungen der Notarassessoren während des Anwärterdienstes nach § 3 Abs. 3 S. 1 NotAssAusbV NW stellt ausschließlich eine Äußerung über die Eignung des Notarassessors für das Amt des Notars auf der Grundlage von Erkenntnissen aus dem Verhalten des Notarassessors während des Anwärterdienstes ohne Berücksichtigung der Ergebnisse der zweiten juristischen Staatsprüfung dar. Die Gewichtung des Examensergebnisses im Verhältnis zur dienstlichen Beurteilung obliegt ausschließlich der die Auswahlentscheidung nach § 6 Abs. 3 S. 1 BNotO treffenden Justizverwaltung und nicht der Notarkammer zu. Folgte man der Auffassung des OLG, käme den Notarkammern und Präsidenten der OLG über die dienstlichen Beurteilungen ein Gewicht im Rahmen des Auswahlverfahrens zu, das der Verteilung der Zuständigkeiten im Besetzungsverfahren nicht entspricht.

Mit Recht machte die Beklagte geltend, dass das OLG nicht hinreichend zwischen den verschiedenen Aufgaben der Beigeladenen differenziert habe. Die Aufgabe der Notarkammern, die Notarassessoren zu beurteilen, ist zu unterscheiden von der Aufgabe, Besetzungsvorschläge zu unterbreiten und sich in Entlassungsverfahren zu äußern. Weichen Besetzungsvorschläge von dienstlichen Beurteilungen ab, wird dadurch nicht die Vermutung der Berücksichtigung sachwidriger Gesichtspunkte begründet. Auswahlentscheidungen haben den aktuellen Leistungsstand des einzelnen Bewerbers zu berücksichtigen, aber auch dem Bewerberkreis für die jeweilige Notarstelle Rechnung zu tragen.

Soweit der Kläger bemängelte, dass seine Referententätigkeit im Rahmen eines Fortbildungslehrgangs für fachkundige Notarmitarbeiter und seine fachspezifischen Veröffentlichungen nicht hinreichend in die Beurteilung Eingang gefunden hätten, handelte es sich nicht um nach dem Zweck der Beurteilung zwingend zu erwähnende Umstände. Die Tätigkeit als Referent des Deutschen Anwaltsinstituts erfolgte außerhalb des Anwärterdienstes, und Nebentätigkeiten können grundsätzlich nur dann Berücksichtigung finden, wenn sie auf Verlangen des Dienstherrn übernommen werden. Letztlich waren die Tätigkeiten auch nicht vollständig unberücksichtigt geblieben, sondern nach dem ihnen zukommenden Gewicht in die Beurteilung eingeflossen. Die Beurteilungen haben allerdings primär den Zweck, Fortschritte in der Ausbildung der Notarassessoren mit Blick auf das Ziel, die Eignung zur Übernahme des Amtes des Notars zu erlangen, zu dokumentieren und zu bewerten.

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