08.04.2011

Zur Frage eines Haftungsausschlusses beim Fahrsicherheitstraining auf einer Rennstrecke

Ein Teilnehmer an einem Fahrsicherheitstraining kann nach einem Unfall auch dann Schadensersatz erhalten, wenn er zuvor erklärt hat, dass er auf eigene Gefahr an dem Training teilnehme. Durch einen entsprechenden Schadensersatzverzicht gegenüber dem Veranstalter ist die Haftung der Teilnehmer untereinander nicht ausgeschlossen oder beschränkt.

OLG Koblenz 14.3.2011, 12 U 1529/09
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Motorradfahrer und nahm im August 2008 an einem sog. instructor-geführten Fahrertraining auf dem Nürburgring teil. Vor dem Training hatte er die Teilnahmebedingungen des Veranstalters unterzeichnet, nach der die Teilnahme an dem Training auf eigene Gefahr erfolgen sollte und Schadensersatzansprüche an den Veranstalter ausgeschlossen waren. Der Teilnehmer sollte für Personen- und Sachschäden Dritter haften, wenn er diese durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit verursacht.

Im Rahmen des Fahrertrainings kam es zu einem Unfall zwischen dem Kläger und einem weiteren teilnehmenden Motorradfahrer, dem Beklagten. Der Kläger kam durch den Zusammenstoß zu Fall und erlitt eine Mittelhandfraktur, einen Rippenbruch und eine Hüftgelenksprellung. Er macht gegenüber dem Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend.

Das LG wies die Klage ab, weil es von einer ausdrücklichen Haftungsbeschränkung der Teilnehmer untereinander auf vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten ausgegangen war. Der andere Motorradfahrer habe den Unfall allenfalls leicht fahrlässig verursacht. Zudem sei die Haftung auch stillschweigend ausgeschlossen worden. Denn es habe kein Versicherungsschutz bestanden, da die Teilnehmer zuvor alle gefährlichen Teile an ihren Motorrädern abgeklebt hätten und somit die Betriebserlaubnis erloschen sei. Auf die Berufung des Klägers änderte das OLG das Urteil des LG ab und gab der Klage überwiegend statt.

Die Gründe:
Der Kläger hat Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. rd. 4.000 € und auf Schmerzensgeld i.H.v. 3.000 €. Zwischen den Teilnehmern kann weder ein stillschweigender noch ein ausdrücklicher Haftungsausschluss angenommen werden.

Für einen stillschweigenden Haftungsausschluss liegen die Voraussetzungen nicht vor. Es handelte sich nicht um eine Rennveranstaltung, bei der mit einem Haftungsausschluss gerechnet werden muss, sondern um ein Fahrsicherheitstraining, bei dem nicht die Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten, sondern die Verbesserung des Fahrverhaltens im Vordergrund stand. Das Abkleben gefährlicher Teile erfolgte nur vorübergehend und führte daher auch nicht zu einem Erlöschen des Versicherungsschutzes.

Auch eine ausdrückliche Haftungsbeschränkung aus den Teilnahmebedingungen des Veranstalters ist nicht anzunehmen. In den Teilnahmebedingungen ist die Haftung der Teilnehmer untereinander nicht eindeutig ausgeschlossen oder beschränkt worden. Die Teilnahmebedingungen regeln die Beziehung zwischen Veranstalter und Teilnehmer, nicht die Haftung der Teilnehmer untereinander. Der Kläger hat somit durch seine Unterschrift nicht pauschal auf alle Ansprüche gegen andere Teilnehmer für den Fall eines Unfalls verzichtet.

Die Beweisaufnahme vor dem Senat ergab, dass der beklagte Motorradfahrer den Unfall verursacht hat. Demnach überholte der Kläger den Beklagten zunächst, anschließend fuhr der Beklagte im Bereich einer Linkskurve gegen das Hinterrad des Motorrads des Klägers. Der Beklagte hat seine Fahrweise nicht den örtlichen Gegebenheiten angepasst. Zwar gilt die StVO nicht, da der Nürburgring nicht für den öffentlichen Verkehr geöffnet ist. Dennoch sind die Fahrer einander zur verkehrsüblichen Sorgfalt verpflichtet. Dagegen hat der Beklagte verstoßen, als er in die Fahrlinie des Klägers hinein fuhr.

Linkhinweis:

OLG Koblenz PM vom 7.4.2011
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