04.07.2013

Zur Fristberechnung bei sogenannten rückwärts laufenden Wochenfristen

Das Familiengericht hat den Termin in einer Scheidungssache so zu bestimmen, dass es den beteiligten Ehegatten nach Zugang der Ladung möglich ist, unter Einhaltung der Zweiwochenfrist nach § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG eine Folgesache anhängig zu machen. Zur Vorbereitung eines Antrags muss den Ehegatten zusätzlich eine Woche zur Verfügung stehen.

BGH 5.6.2013, XII ZB 427/11
Der Sachverhalt:
Die antragstellende Ehefrau beantragte die Scheidung ihrer 2005 geschlossenen Ehe mit dem Antragsgegner (Ehemann). Mit Verfügung vom 20.12.2010 bestimmte das AG Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 20.1.2011. Die Ladung ging der Ehefrau am 31.12.2010 zu. In der mündlichen Verhandlung überreichte der Rechtsanwalt der Ehefrau einen (Stufen-)Antrag auf Auskunft und Zahlung von Zugewinnausgleich, der vom Rechtsanwalt des Ehemanns als zugestellt entgegengenommen wurde.

Das AG wies den Stufenantrag auf Zugewinnausgleich als unzulässig zurück, schied die Ehe der Beteiligten und führte den Versorgungsausgleich durch. Das OLG wies die gegen den Beschluss (mit Ausnahme des Versorgungsausgleichs) gerichtete Beschwerde zurück. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Ehefrau, mit welcher sie die Aufhebung der Entscheidung zum Zugewinnaus-gleich und des Scheidungsbeschlusses sowie die Zurückverweisung an das Amtsgericht erstrebt.

Das LG gab der Klage statt; das OLG wies sie ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der in der güterrechtlichen Folgesache eingereichte Stufenantrag durfte weder abgetrennt noch zurückgewiesen werden. Denn er ist nach den Maßstäben der nach Erlass des angefochtenen Beschlusses ergangenen Rechtsprechung des Senats rechtzeitig eingereicht worden.

Danach hat das Familiengericht den Termin in einer Scheidungssache so zu bestimmen, dass es den beteiligten Ehegatten nach Zugang der Ladung möglich ist, unter Einhaltung der Zweiwochenfrist nach § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG eine Folgesache anhängig zu machen. Zur Vorbereitung eines Antrags muss den Ehegatten zusätzlich eine Woche zur Verfügung stehen. Dem entspricht das Verfahren vor dem AG nicht. Die Zweiwochenfrist gem. § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG ist gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG nach den Allgemeinen Vorschriften der ZPO, mithin gem. § 222 ZPO i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB zu berechnen. Diese Regelungen sind auf rückwärts zu rechnende Fristen entsprechend anzuwenden.

Der Termin zur mündlichen Verhandlung führt zu einem rückwärtsgerichteten Beginn der Frist gem. § 187 Abs. 1 BGB und endet daher um 0 Uhr des seiner Benennung entsprechenden Wochentages. Vom Terminstag (Donnerstag, 20.1.2011) zurück gerechnet, hätte der Schriftsatz in der Folgesache Güterrecht somit zur Wahrung der Frist vor dem 6.1.2011 (0 Uhr), mithin noch am Mittwoch, dem 5.1.2011 beim Familiengericht eingehen müssen. Die den beteiligten Ehegatten zum Zweck der Vorbereitung zusätzlich einzuräumende Frist von einer Woche entspricht der Ladungsfrist gem. §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 217 ZPO. Sie ist auch entsprechend zu berechnen. Nach § 217 ZPO muss eine Frist von einer Woche zwischen der Zustellung der Ladung und dem Terminstag liegen. Dabei wird der Tag des die Frist auslösenden Ereignisses (§§ 222 ZPO, 187 Abs. 1 BGB) ebenso wie der Terminstag selbst nicht eingerechnet.

Demnach hätte im vorliegenden Fall die Ladung zum Termin den nach der Senatsrechtsprechung zu stellenden Anforderungen nur dann entsprochen, wenn sie der Ehefrau spätestens am 29.12.2010 zugestellt worden wäre. Das ist indessen nicht der Fall. Das im angefochtenen Beschluss genannte Zustellungsdatum vom 29.12.2010 betrifft allein die Zustellung an den Ehemann. Der Ehefrau ist die Ladung hingegen nach den Feststellungen des angefochtenen Beschlusses erst am 31.12.2010 zugestellt worden. Da die Einhaltung der Frist für jeden Beteiligten gesondert zu beurteilen ist, kommt es im vorliegenden Fall allein auf die Zustellung der Terminsladung an die Ehefrau an. Diese wahrt die den Beteiligten zur Einhaltung der Zweiwochenfrist nach § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG zu gewährende Vorbereitung nicht.

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