07.08.2012

Zur Haftung des Hundehalters gegenüber einem Tierarzt

Der Halter eines Tieres haftet für Schäden, die durch typisches Tierverhalten wie etwa das Beißen eines Hundes oder Austreten eines Pferdes verursacht werden. Dies gilt selbst dann, wenn das Tier die Schäden verursacht, während es sich in der Obhut einer anderen Person - etwa eines Tierarztes - befindet und der Halter damit keinerlei Möglichkeit hat, steuernd auf sein Tier einzuwirken.

OLG Celle 11.6.2012, 20 U 38/11
Sachverhalt:
Der Kläger ist Tierarzt. Die Beklagte war Halterin eines Schäferhundes, der bereits mehrfach in der Kleintierklinik des Klägers behandelt worden war. Im Rahmen einer stationären Behandlung des Hundes wurde eine Allgemeinnarkose vorgenommen. Beim Erwachen aus der Narkose biss das Tier zunächst der beim Kläger angestellten Tierärztin in beide Unterarme. Nachdem der Kläger den Aufwachraum betreten und sich über den Hund gebeugt hatte, wurde auch er in seine rechte Hand gebissen. Dies führte zu schweren Verletzungen beim Kläger. Für diese verlangte er Schadensersatz und Schmerzensgeld im sechsstelligen Bereich, weil er durch die Handverletzungen seine tierchirurgische Tätigkeit nicht mehr ausüben könne.

Die beklagte Hundehalterin war der Ansicht, für die Schäden nicht einstehen zu müssen, weil sie keine Möglichkeit gehabt hätte, auf ihren Hund Einfluss zu nehmen. Diese Möglichkeit hätte allein der Kläger gehabt, der als Tierarzt über eine besondere Sachkunde verfügt und sich dem Risiko, von dem Hund angegriffen zu werden, bewusst ausgesetzt habe.

Das LG gab der Klage dem Grunde nach unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Klägers von 25 % statt. Auf die Berufung der Beklagten erhöhte das OLG die Mitverschuldensquote des Klägers auf 50 %. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.

Gründe:
Der Kläger hat wegen des Hundebisses dem Grunde nach Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld aus § 833 S. 1 i.V.m. § 253 Abs. 2 BGB.

In dem Schadensereignis hatte sich die von dem behandelten Hund ausgehende spezifische Tiergefahr verwirklicht. Eine typische Tiergefahr äußert sich in einem der tierischen Natur entsprechenden willkürlichen, unberechenbaren und selbstständigen Verhalten des Tieres. Auf Bedrohung oder aus Angst reagieren Hunde entsprechend ihrer Natur typischerweise mit Beißen oder Schnappen.

Allein der Umstand, dass man sein Tier - wie hier - zum Zweck der Behandlung o.ä. in die Obhut einer anderen Person gibt, kann nicht dazu führen, dass die Haftung des Halters ausgeschlossen wird. Die Haftung des Tierhalters besteht nämlich unabhängig von der Möglichkeit seiner Einflussnahme.

Allerdings kann die Haftung beschränkt werden, wenn der Geschädigte durch inadäquates Verhalten zu der Verletzung selbst beigetragen hat. Da Hunde während des Erwachens aus der Narkose mitunter außergewöhnlich und aggressiv reagieren können, hätte der Tierarzt im vorliegenden Fall besondere Vorsicht beim Herangehen an den Hund walten lassen müssen, was er jedoch nicht getan hatte. Dementsprechend konnte er nur einen Teil der geltend gemachten Schäden ersetzt verlangen. Der Senat ist unter Berücksichtigung aller Umstände zu der Überzeugung gelangt, dass das Mitverschulden des Klägers 50 % bemisst.

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