07.01.2013

Zur Haftung des Nachbarn bei Schäden nach Entnahme von Leitungswasser am Außenwasseranschluss eines benachbarten Hauseigentümers

Stellt ein Grundstückseigentümer seinem Nachbarn einen Außenwasseranschluss im Garten zur Verfügung, damit dieser Wasser für das Bauvorhaben auf seinem Grundstück entnehmen kann, so haftet der Nachbar für Schäden, die durch Leitungswasser aus diesem Anschluss entstehen. Das betrifft sowohl die Schäden, die etwa durch Bauarbeiter im Zuge der Nutzung des Anschlusses auf dem Grundstück verursacht werden als eben auch solche, die - und sei es durch bloßen Zufall - auf das erhöhte Anlagenrisiko selbst zurückzuführen sind.

Schleswig-Holsteinisches OLG 6.12.2012, 16 U 64/12
Der Sachverhalt:
Der beklagte Nachbar führte im Winter ein Bauvorhaben auf seinem Grundstück durch. Das für die Baustelle benötigte Wasser erhielt er von dem Eigentümer des benachbarten Grundstücks, der ihm die Nutzung seines Außenwasseranschlusses gestattete. Der Beklagte, der die Kosten für das entnommene Wasser trug. ließ durch eine beauftragte Firma an dem vorhandenen Gartenwasserhahn einen Schlauch anschließen, vor den ein Kaltwasserzähler, davor ein Absperrventil und davor ein Entleerungshahn/-stutzen montiert waren. Darüber entnahmen die Baufirmen Wasser.

Als der Grundstückseigentümer Anfang des Jahres aus dem Urlaub zurückkam, bemerkte er, dass das Kellergeschoss seines Hauses unter Wasser stand. Das Wasser war über den Außenwasseranschluss ausgetreten, der entweder durch Frost zu Bruch gegangen war oder einen Produktfehler an der "aufgefrorenen" Wasseruhr aufwies. Die klagende Gebäudeversicherung des Grundstückseigentümers übernahm die Kosten für die Trocknungs- und Sanierungsarbeiten im Keller von mehr als 18.000 €.

Die Klägerin nahm den Beklagten daraufhin in Regress. Dieser berief sich jedoch darauf, dass der Schaden nicht allein seinem Verantwortungsbereich zuzuordnen sei. Es komme auch in Betracht, dass unbefugte Dritte dem Grundstückseigentümer einen Streich hätten spielen wollen; eventuell habe dieser gar selbst die Entnahmevorrichtung unter Wasser gesetzt.

Das OLG gab der Klage statt.

Die Gründe:
Da der Beklagte dem Grundstückseigentümer für den entstandenen Leitungswasserschaden haftet, kann die Versicherung gegen den Nachbarn Regress nehmen.

Der Anspruch folgt schon aus dem nachbarschaftlichen Gefälligkeitsschuldverhältnis als besonderer Ausprägung des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses. Ausdrücklich gesetzlich geregelt ist die Haftung in dem Fall, dass ein Überschwemmungsschaden infolge eines Bruchs der auf einem Nachbargrundstück betriebenen Wasserversorgungsleitung entsteht (§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB). Die Haftung muss gleichermaßen (und erst recht) bestehen, wenn die Eigentumsbeeinträchtigung von einer Leitung ausgeht, die von dem Nachbarn eigennützig auf fremden Grund genutzt wird.

Der Grundstückseigentümer hatte seinem Nachbarn allein in dessen Interesse gestattet, seinen für gärtnerische Zwecke vorgesehenen Außenanschluss für die Zuleitung von Bauwasser zu nutzen. Kehrseite einer solchen aus Sicht des Grundstückseigentümers gänzlich fremdnützigen Duldung ist, dass der Beklagte als der alleinige Nutznießer der nachbarlichen Gefälligkeit alle Schäden auszugleichen hat, die aus der damit geschaffenen erhöhten Gefahr resultieren.

Das betrifft sowohl die Schäden, die etwa durch Bauarbeiter im Zuge der Nutzung des Anschlusses auf dem Grundstück verursacht werden als eben auch solche, die - und sei es durch bloßen Zufall - auf das erhöhte Anlagenrisiko selbst zurückzuführen sind. Dass, wie der Beklagte mutmaßt, der Grundstückseigentümer den Anschluss selbst gärtnerisch hätte nutzen wollen und ihn von sich aus befüllt gehalten hätte, liegt angesichts der Jahreszeit und des Umstandes, dass er um die Jahreswende im Urlaub war, gänzlich fern.

Schleswig-Holsteinisches OLG PM Nr. 21 vom 7.12.2012
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