25.10.2017

Zur Haftung eines anwaltlichen Mediators

Übernimmt es der anwaltliche Mediator, einvernehmliche rechtliche Lösungsvorschläge zu entwickeln, kann eine Rechtsdienstleistung vorliegen. Die Haftung des Mediators bestimmt sich dann regelmäßig nach den Maßstäben der Anwaltshaftung.

BGH 21.9.2017, IX ZR 34/17
Der Sachverhalt:
Ein Ehepaar hatte eine gerichtlich anerkannte "Schlichtungsstelle Rechtsanwälte und Konfliktbegleiter, Inhaberin Rechtsanwältin ..." mit dem Ziel aufgesucht, sich kostengünstig einvernehmlich scheiden zu lassen. Die beklagte Anwaltsmediatorin übernahm daraufhin die rechtliche Beratung der Eheleute. Im Rahmen der Sitzungen wurde mit dem Ehepaar besprochen eine Scheidungsfolgenvereinbarung über die Vermögensauseinandersetzung und den Zugewinn abzuschließen, dazu kam es allerdings nicht.

Um eine Interessenkollision zu vermeiden, vertraten eine externe Rechtsanwältin und der klagende Rechtsanwalt die Eheleute beim Scheidungstermin vor Gericht. Eine gemeinsame Besprechung über den Scheidungsantrag fand nicht statt. Stattdessen erhielt die Rechtsanwältin ein Besprechungsprotokoll von der Anwaltsmediatorin, aus dem sie den Scheidungsantrag erstellte.

Vor Gericht verzichteten die beiden Anwälte im Namen der Eheleute - wie im Scheidungsantrag vorgegeben - auf nachehelichen Unterhalt und auf die Durchführung eines Versorgungsausgleichs. Den Scheidungsantrag ließ sich die Beklagte nach dem Gerichtstermin vorlegen. Die später von ihr eingeholten Auskünfte zum Versorgungsausgleich ergaben, dass der Ehefrau rund 94.300 € zugestanden hätten. Eine entsprechende Ausgleichszahlung lehnte der Ehemann ab.

In einem von der Ehefrau initiierten Haftungsprozess mit dem klagenden Rechtsanwalt, der sie im Scheidungstermin vertreten hatte, verpflichtete sich dieser rund 64.000 € zu zahlen. Von diesem Betrag verlangte der Kläger zwei Drittel von der Beklagten als Gesamtschuldnerausgleich erstattet. Das LG wies die Klage ab; das OLG gab dem Begehren i.H.v. 32.047 € statt. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten blieb vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
Dem Kläger steht gegen die Beklagte gem. § 426 Abs. 1 S. 1 BGB sowie gem. § 426 Abs. 2 S. 1, § 611 Abs. 1, § 675 Abs. 1, § 280 Abs. 1 S. 1, § 398 BGB, § 86 Abs. 1 S. 1 VVG ein Ausgleichsanspruch i.H.v. 32.047 € zu.

Ein anwaltlicher Mediator, der von Eheleuten zu dem Zweck beauftragt wird, mit ihnen eine einverständliche Scheidungsfolgenvereinbarung auch über den Versorgungsausgleich zu erarbeiten, ist dem Ehegatten wegen des Verlustes des Versorgungsausgleichs zu Schadensersatz verpflichtet, wenn er die für den Versorgungsausgleich maßgeblichen Tatsachen nicht feststellt und der von ihm nicht ordnungsgemäß unterrichtete Rechtsanwalt des geschädigten Ehegatten daraufhin in dem Ehescheidungsverfahren einen Verzicht auf den Versorgungsausgleich erklärt. Die Beklagte war für die Eheleute als Mediatorin tätig geworden. Der Mediationsvertrag ist als Anwaltsdienstvertrag zu werten, da die Beklagte es als Anwaltsmediatorin übernommen hatte, rechtliche Lösungsvorschläge zu entwickeln, was eine Rechtsdienstleistung darstellte.

Infolgedessen haftet die Beklagte nach anwaltlichen Grundsätzen. Sie hat ihre Pflicht gegenüber der Ehefrau verletzt, da sie deren Rechtsanwalt nicht darüber informiert hatte, dass noch keine Auskünfte zum Versorgungsausgleich eingeholt worden waren. Der Ehefrau ist infolge der Pflichtverletzung der Beklagten durch den Verlust des Versorgungsausgleichs ein Schaden entstanden. Die Beendigung einer rechtlichen Auseinandersetzung durch Vergleich kann grundsätzlich ein sachgemäßes Verhalten sein, das auf die Zurechnung des Schadens zum haftungsbegründenden Verhalten des Schuldners keinen Einfluss hat.

Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs von einem Verursachungsbeitrag der Parteien von je ein Halb ausgegangen war. Rechtsanwälte, die jeweils im Rahmen ihrer selbständigen Pflichtenkreise zum Schaden des Mandanten schuldhaft beigetragen haben, haften diesem grundsätzlich als Gesamtschuldner. In einem solchen Falle hat sich nämlich der geschädigte Auftraggeber nicht i.S.d. Vorschrift des § 278 BGB, die im Rahmen des § 254 BGB entsprechend anzuwenden ist, des zweiten Anwalts bedient, um eine im eigenen Interesse gebotene Obliegenheit zur Abwendung oder Minderung seines Schadens zu erfüllen; nur unter einer solchen Voraussetzung darf das Verschulden eines Dritten dem Geschädigten als Mitverschulden zugerechnet werden. Diese Grundsätze gelten auch, wenn es sich bei den möglichen Schädigern um verschiedene Organe der Rechtspflege - etwa einen Rechtsanwalt und einen Notar - handelt.

Linkhinweise:

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